Neue Regeln, neues Chaos
19August
2024
Ein Stück der Maria-Viktoria-Straße ist nun Fahrradstraße. Doch die verkehrsgerechte Nutzung ist noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Cornelia Mangelsdorf wundert das nicht. Ein Kommentar.
Man mutet den Bürgern in Baden-Baden und ihren Gästen schon seit einer Weile eine ganze Menge zu. Nicht nur die Baustellen sind eine Plage – auch die Änderungen im Verkehr reißen nicht ab.
Nichts geht mehr
Dass Bahnreisende, die mit dem Fernverkehr nach Norden fahren möchten, aktuell mit dem Bus erst einmal bis nach Rastatt fahren müssen, macht das Reisen nach Baden-Baden oder aus der Kurstadt heraus nicht gerade einfach. Es ist der Wurm drin: Die Misere von hunderten Fahrgästen, die vor wenigen Tagen in Baden-Baden am Bahnhof strandeten und Stunden in der Hitze warten mussten, bevor es weiterging, ist unverzeihlich. Dafür ist allerdings die Deutsche Bahn verantwortlich, da kann Baden-Baden nur eins machen: den Leuten mit Bussen helfen, weiterzukommen und sie mit Getränken versorgen – was dankenswerterweise auch geschah.
Alles anders
Doch auch auf den Straßen in der Innenstadt läuft nicht alles rund. Erst die Umleitungen durch die Bauten an der Schillerbrücke mit zeitweiligen Einbahnstraßen, jetzt noch die Umwidmung einer Straße: Im Verkehr hat sich vieles in kurzer Zeit geändert. Bestes Beispiel: Nach einer langen Sanierungsphase ist die Maria-Viktoria-Straße zwischen Bertholdstraße und Ludwig-Wilhelm-Platz nun eine Fahrradstraße. Dort haben Radfahrer Vorfahrt. Das gefällt nicht jedem, wie die FBB News von Anwohnern hörten.
Ein Schild sagt alles – wirklich?
Verwirrend sind die neuen Regeln vor allem für die Autofahrer, die das Stück Straße bislang zur Durchfahrt nutzten. Das dürfen sie nun nicht mehr. Denn in dieser Fahrradstraße sind Autofahrer nur erlaubt, wenn sie Anlieger sind – und das nur in einer Fahrtrichtung: von der Bertholdstraße aus kommend in Richtung Augustaplatz. Darauf weist ein Schild hin. Wehe dem, der es übersieht! Doch man übersieht es leicht.
Wer ist Anlieger?
Auch der Begriff „Anlieger“ ist nicht ganz eindeutig. „Anlieger“ müssen nicht unbedingt in der Straße wohnen. Auch Kunden des Penny-Markts, die in die dortige Tiefgarage fahren wollen, dürfen in die Maria-Viktoria-Straße hineinfahren – wohlgemerkt nur von einer Richtung kommend – ebenso Gäste der Hotels, Nutzer der Elektro-Ladesäulen, Patienten der Arztpraxen und Besucher der Anwohner, so schreiben die BNN. Aber, wie verhält es sich, wenn ich an der Augusta Apotheke vam Ludwig-Wilhelm-Platz einkaufe? Oder im Restaurant „Schneider’s“ in der Maria-Viktoria-Str. 2 einkehre? Bin ich dann auch ein Anlieger? Fragen über Fragen.
Wir sind müde!
Dass die Verantwortlichen bei der Stadt nicht nachvollziehen können, dass immer noch viele Autos in beiden Richtungen unterwegs sind, wundert mich ganz und gar nicht. Zu viele Umleitungen, zu viele Schilder und Richtungsänderungen auf den Straßen haben uns müde gemacht.
Die Anwohner haben jetzt mehr Ruhe
Fest steht aber: Einige Gruppen profitieren von der Beruhigung der Maria-Viktoria-Straße. Hier sind in erster Linie die Anwohner zu nennen. Auch die Fußgänger können jetzt mit weniger Lärm dort flanieren – und die Radfahrer, sofern die Autofahrer sich an die neuen Regeln halten, werden sicherer in die Stadt einfahren. Sie haben in der Fahrradstraße vor den Autos Vorfahrt. Auch mehrere Radfahrer dürfen nebeneinander fahren – in einer Fahrradstraße dürfen sie das.
Bald ein Blitzer?
Um den „Richtungswechsel“ in der Maria-Viktoria-Straße in den Griff zu bekommen, wird dort künftig vermutlich stärker kontrolliert und bestimmt auch bald ein mobiler Blitzer stehen. Wie gut, dass ich aktuell nur zu Fuß oder per Bus in der Stadt unterwegs bin. Dieser Schilderwirrwar ist nichts für mich. Bei nächster Gelegenheit werde ich mir die neuen Tafeln nochmal genauer anschauen. Ich lerne ja gern dazu.
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Bild: Tommy Schindler