Erst bauen, dann Kosten bewilligen lassen: Geht man so mit Steuergeldern um?

13Dezember
2019

Die Bushaltestelle an der Merkur-Talstation wird neu und barrierefrei. Der Bau läuft bereits. Doch über die nötigen Gelder wurde jetzt erst im Hauptausschuss entschieden. Das erregt die Gemüter.

Warum wird über eine Baumaßnahme abgestimmt, wenn sie schon längst läuft? 400.000 Euro wurden am Montag im Hauptausschuss für die Errichtung einer barrierefreien und blindengerechten Bushaltestelle an der Talstation der Merkurbahn durchgewunken. Die Mehrheit war dafür – nicht die FBB. Denn: Da stimmt etwas nicht mit der Reihenfolge: Erst abstimmen, dann bauen – so rum würde es Sinn machen. Bereits im November hat man mit der Umgestaltung der Bushaltestelle begonnen. Bei Wolfgang Niedermeyer, Stadtrat der FBB, stößt dieses Vorgehen auf Widerstand: „In welcher Projekt- oder Investitionsliste des Haushalts ist diese Baumaßnahme enthalten? Offensichtlich in keiner, da es eine außerplanmäßige Ausgabe ist. Tatsächlich wird aber seit geraumer Zeit – ohne Beschluss – gebaut.“

Barrierefreie Haltestellen in der Kernstadt wären dringlicher

Noch ein anderer Punkt verwundert: Dass mit dem Ausbau der barrierefreien Haltestelle ausgerechnet oben an der Talstation begonnen wird. Man rechnet, so hört man aus der Verwaltung, dort oben mit „künftig steigenden Fahrgastzahlen“. Wolfgang Niedermeyer, bekannt dafür, ein sorgfältiger Rechercheur zu sein, spricht hier vom „Prinzip Hoffnung“, weil belastbare Zahlen fehlen: „Es handelt sich hier um eine Bushaltestelle, weit außerhalb des Wohnumfelds unserer Bürger, die zweimal stündlich angefahren wird  – nicht wie in Lichtental achtmal stündlich, oder in der Weststadt, bis zu 16-mal stündlich. Es werden also 400.000 Euro für das Prinzip Hoffnung auf steigende Fahrgastzahlen ausgegeben.“

Auf dem Leo fehlt ein Blindenleitkonzept

Weiterhin führt er aus: „Im Haushalt 2020/21 finden sich jeweils 75.000 Euro für den barrierefreien Umbau von maroden, heruntergekommenen Haltestellen im Lebensumfeld unserer behinderten Mitbürger. Doch mitten auf dem mit Millionen umgestalteten Leo gibt es vor dem Haus Victoria eine straßenbündige, ohne Blindenleitkonzept gebaute Bushaltestelle für fünf Buslinien.“ Da drängt sich doch die Frage auf: Warum hat man diese nicht gleich beim Umbau vorgesehen?

Abwägen nach größtmöglichem Nutzen? Fehlanzeige!

Das Vorgehen der Stadtverwaltung verwundert – aus diesem Grund hat die FBB gegen die Ausgabe der 400.00 Euro gestimmt. Wolfgang Niedermeyer: „Barrierefreiheit ist ein gesellschaftspolitisch herausragendes Ansinnen. Gerade deshalb ist ein Mitteleinsatz nach dem größtmöglichen Nutzen notwendig. Dem wird diese Vorlage nicht gerecht. Wir Freie Bürger für Baden-Baden müssen sie deshalb ablehnen.“

Fotos: Ben Becher