„Widerstand aufbauen zum Abbau jeglicher Bürokratie“

21Dezember
2023

Martin Ernst, Fraktionschef der FBB, hat in der Gemeinderatssitzung am vergangenen Montag eine flammende Rede gehalten. Dem Haushalt stimmte die FBB nicht zu.

„Ich möchte in meiner heutigen Haushaltsrede keine Zahlen runterbeten, diese hat nachher eh jeder vergessen. Mir ist es aber ein Bedürfnis, heute über Grundsätzliches zu sprechen, das aus Sicht der FBB dringend einer Optimierung bedarf“, begann Martin Ernst seine Rede.

Über 260 Millionen Euro Schulden

„Unsere Nachbargemeinde Rastatt hat – nachzulesen in der BNN vom 27.02. dieses Jahres – liquide Mittel von über 138 Millionen Euro. Unsere Stadt hat bei fast gleicher Einwohnerzahl – bestätigt vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg – über 260 Millionen Euro Schulden. Unser Stadtkämmerer Thomas Eibl sagt uns mit der Vorlage dieses Doppelhaushaltes: ,Der Haushalt ist auf Kante genäht und somit vom Regierungspräsidium vielleicht gerade noch genehmigungsfähig.‘

Die Wahrheit ist:

• Ganze Abteilungen unserer Stadt stehen wegen immenser Arbeitsüberlastung vor dem Zusammenbruch
• Viele Abteilungen haben auf Grund von Burnout einen immensen Krankenstand
• Viele Mitarbeiter unserer Stadt sind an der Grenze ihrer Leistungskraft.

Der Ruf nach weiteren Stellen – einerseits nachvollziehbar

Selbstverständlich haben Sie, verehrter Herr Späth, aus dieser Sicht recht, wenn Sie uns Stadträte auffordern, Ihnen weitere 72 Stellen zu genehmigen.

Doch das Minus steht drohend im Raum

Eine weitere Wahrheit ist aber auch, dass die mit Mehrheit dieses Gremiums genehmigten weiteren Personaleinstellungen unser Minus noch weiter erhöhen werden.

,Weiter so‘ ist keine Lösung

Ist es dann richtig, dass wir – wie in den letzten Jahrzehnten üblich –einfach sagen: Weiter so? Ist es in Kenntnis dieser Gesamtsituation nicht richtiger, dass wir unseren Kopf einschalten und uns überlegen: Was läuft hier eigentlich falsch?

Seit ich in den Gremien sitze, höre ich immer wieder:

• Das ist eine Vorgabe der EU
• Das ist eine Vorgabe vom Bund
• Das ist eine Vorgabe vom Land
,Und wenn wir jede einzelne dieser Vorgaben nicht umsetzen, erhalten wir Bußgelder oder werden angeklagt.‘

Der EU-Irrsinn lähmt

Natürlich haben Sie, Herr Uhlig, als Baubürgermeister Recht, wenn Sie uns Stadträten eine Fischtreppe für 850.000 Euro abnötigen wollten, mit der Begründung: ,Das ist zwingende Vorgabe der EU, sie wird uns sonst verklagen.‘

Die Gründungsväter des vereinten Europas hatten anderes im Sinn

Dass Konrad Adenauer und Charles de Gaulle 1963 mit ihrem Freundschaftspakt den Grundstein für Europa legten, war visionär. Dass Deutschland die Entwicklung Europas guttat, ist Fakt. Aber wollten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle,
• dass Europa jedes Jahr hunderte Millionen Euro unnütz ausgibt, um zwischen Straßburg und Brüssel hin und her zu pendeln?
• Dass ein Europa nächstes Jahr den 18. oder 25. Versuch unternimmt, die Sommer- oder Winterzeit abzuschaffen?
• Dass Europa uns zwingt, Fischtreppen zu bauen, in einem Flüsschen, das zu einem Rinnsal verkommen ist?
• Dass sich Europa vom ungarischen Präsidenten mit einer Zahlung von 10 Milliarden Euro erpressen lässt?
• Dass Europa wie das Kaninchen vor der Schlange die Flüchtlingssituation angeht?

Überforderung ist spürbar

Natürlich haben auch Sie, Herr Kaiser, recht, wenn Sie sagen: ,Ich halte die Überforderungen in meinem Resort nicht mehr aus: Der Bund schickt mir täglich neue Flüchtlinge.‘ Die Baden-Badener Stadtteile machen mir bei jedem möglichen neuen Standort einen Aufstand und wir Stadträte verweigern Ihnen fußend auf dem Willen unserer Wähler die Gefolgschaft.

Die Stadt muss reagieren

Aus diesem Grund, muss ich Ihnen, werter Herr Späth, meine ausdrückliche Anerkennung aussprechen, dass Sie am letzten Donnerstag unseren Landesministerpräsidenten Winfried Kretschmann angeschrieben haben, dass die Stadt Baden-Baden die Belastungsgrenze nicht nur erreicht, sondern bereits überschritten hat. Vollkommen heuchlerisch und für mich verlogen ist es, wenn die Parteien Die Grüne und SPD sie loben bezüglich dieses Briefes, wenn diese auf Bundesebene das genaue Gegenteil leben. Ist es denn heute noch richtig, wenn der Bund
• Flüchtlinge in unbegrenzter Zahl nach Deutschland kommen lässt?
• Er den Flüchtlingen in den ersten Monaten die Arbeit verbietet und diese damit zu zweifelhaften Zusatzverdiensten nötigt?
Stattdessen vernachlässigen wir unsere einheimischen junge Familien in der Lebensphase, wo sie das Geld am dringendsten benötigen. Wir lassen sie Kosten und Gebühren zahlen für
• die Krippen
• die Kindergärten
• die Schülerbeförderung.

Wo bleibt die Entbürokratisierung?

Unser Landesvater Kretschmann erklärte am 13. August zur Bürokratie folgendes, ich zitiere: „Wir werden so nicht mehr regieren können. Egal ob Koch, Politiker oder Unirektor – die Menschen müssten sich immer mehr mit bürokratischen Dingen befassen statt mit Dingen, die sie gelernt hätten – das führe zu Frustration. Eine kluge Feststellung unseres Landesvaters – doch hat sich seither etwas verändert?

Die Forderungen zurückweisen

Hat irgendein Regierungspräsident oder irgendein Bürgermeister so viel Mumm in der Hose, dass er sagt: ,Jetzt reichts, bis hier her und nicht weiter‘? Viele Forderungen aus Brüssel und Berlin werden uns aufgezwungen und machen uns damit handlungsunfähig. Wir nehmen unseren nachfolgenden Generationen jeglichen Gestaltungsspielraum.

Briefe schreiben an die Entscheider

Wäre es nicht ehrlicher, wenn Sie, lieber Herr Späth, Briefe schreiben an die EU-Präsidentin Ursula von der Leyen und unseren Bundeskanzler Olaf Scholz, den alle 40 Stadträte mit Ihnen unterschreiben würden, etwa folgenden Inhalts:
,Liebe Ursula, die Stadt Baden-Baden weigert sich, eine Fischtreppe für 850.000 Euro zu bauen in einem Rinnsal ohne Fische‘ und ,Lieber Olaf, wir sind nicht mehr in der Lage, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Sie haben um das Bundeskanzleramt viel Grün. Erledigen Sie Ihr Flüchtlingsproblem in Berlin, wir können hier nicht mehr.‘

Friedlicher Widerstand als Waffe

Nur dann, wenn friedlicher und entschlossener Widerstand von uns Bürgern kommt, wird man in Brüssel und Berlin zur Einsicht kommen. Die DDR gäbe es heute noch, wenn nicht mutige Bürger damals Montag für Montag aufgestanden wären und somit ihren Widerstand gegenüber der Bürokratie ausgedrückt hätten. Lassen Sie uns hier im Badner Land einen ähnlichen Widerstand aufbauen zum Abbau jeglicher Bürokratie. Unsere Kinder werden es uns danken!

Nein zum Haushaltsentwurf

Die FBB wird den Haushalt ablehnen, nicht weil wir Sie ärgern wollen. Aber ein ,WEITER SO‘ kann es unter den vorgenannten Prämissen unter keinen Umständen geben. Wir sehen es als unsere verdammte Bürgerpflicht an, unseren Oberbürgermeister und seine Bürgermeister vor ihrem drohenden Burnout zu bewahren.“

Foto: FBB Archiv