Neue Schulden – und kein Ende in Sicht

28Juni
2024

Die Stadt Baden-Baden hat gerade kundgetan, dass sie 18 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen muss, um die Liquidität zu sichern. Da wünscht man sich als Bürgerin doch neue Wege. Cornelia Mangelsdorf schielt gerade nach Wien, wo eine junge Millionärin durch einen Bürgerrat gerade großzügig ihr Privatvermögen verteilen ließ. Ein Kommentar.

Das Loch in der Baden-Badener Haushaltskasse wird immer größer. Die rund 260 Millionen Schulden sind nicht genug – neue entstehen unter anderem, weil die Einnahmen aus der Gewerbesteuer geringer ausfallen als veranschlagt: statt 56 Millionen nur 41 Millionen Euro. Thomas Eibl, Stadtkämmerer, schließt auch nicht aus, dass noch weitere Kredite aufgenommen werden müssen.

Ein vierter Bürgermeister wird Millionen verschlingen

In diesem Zusammenhang ist der Plan, einen vierten Bürgermeister in der Kurstadt zu engagieren, nicht nachvollziehbar. Die Kosten, die für diese Stelle und sein Team entstehen, sollen sich auf rund 375.000 Euro belaufen – jährlich, wohlgemerkt. Hochgerechnet auf zehn Jahre verschlingt dieses Amt dann knapp vier Millionen Euro.

Das Haushalten liegt der Stadt nicht

Es scheint, dass Geldausgeben der Rathausspitze nicht schwerfällt – ist ja nicht ihr eigenes! – das Geldverdienen aber schon. Den Verantwortlichen scheint es an Geschick zu fehlen, mit dem vorhandenen Budget zu wirtschaften, was aber jeder Bürger der Stadt, vom Auszubildenden bis zur Rentnerin, doch jeden Monat unter Beweis stellen muss.

Das Vertrauen schwindet

Das Vertrauen ans Rathaus wird damit abermals auf eine harte Probe gestellt. Möglicherweise ist die Organisation unserer Stadt aber auch ein Auslaufmodell, das sich aus eigener Kraft nicht erneuern wird.

Wir brauchen Mäzene

Ich wünschte mir, dass andere Hände die Geschicke der Stadt steuern würden – und dass man das Mäzenentum der Stadt aktiv sucht und wiederbelebt. Baden-Baden ist eine Stadt mit vielen wohlhabenden Menschen. Gewiss sind einige dabei, die großzügig der Stadt unter die Arme greifen können. Und wer weiß, vielleicht ist auch jemand dabei, der so tickt wie Marlene Engelhorn.

25 Millionen Euro verschenkt

Die Deutsch-Österreicherin, wohnhaft in Wien, hat gerade über einen Bürgerrat 25 Millionen Euro aus ihrem Vermögen an insgesamt rund 80 Organisationen und Vereine verteilt. Zentrales Ziel sei es gewesen, die Ungleichheit in der Gesellschaft zu verringern und den Benachteiligten mehr Chancen zu geben. 25 Millionen für andere ausgeben – das ist vorbildlich.

Stichwort Bürgerrat

Diesen Begriff hat Bundeskanzler Olaf Scholz gerade im ARD-Sommerinterview aufgegriffen. Ob er sich von Marlene Engelhorn hat inspirieren lassen? Scholz möchte die Pandemie durch Bürgerräte aufarbeiten lassen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Bürgerräte scheinen in Mode zu kommen.

Hilfe für Bedürftige

Doch zurück zu der spendablen jungen Erbin Engelhorn: Ihr Geld fließt an Initiativen, die sich mit den Themen Klima und Umwelt, bezahlbares Wohnen, Gesundheit und Soziales sowie Integration und Bildung beschäftigen.

Für den Bürgerrat waren 50 Bürger im Alter von 16 bis 85 Jahren repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ausgewählt worden. Sie hatten an sechs Wochenenden darüber diskutiert, wie das Geld besonders sinnhaft eingesetzt werden könnte. Die 31-jährige Sozialaktivistin Marlene Engelhorn hat mit der Aktion fast ihr gesamtes Vermögen verteilt.

Reiche sollen mehr zahlen

Marlene Engelhorn setzt sich seit Jahren für die Wiedereinführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern in Österreich ein. Ihr Credo: Reiche Menschen sollten einen noch viel größeren Beitrag für eine gerechtere Gesellschaft leisten.

Die Frau hat Mut

Engelhorn hat für sich selbst aus dem Vermögen noch einen Betrag behalten, der ihr den Übergang in das Berufsleben erleichtern soll – mehr aber auch nicht. Sorgen mache sie sich nicht. Sie ist Teil einer vermögenden Familie und verfügt über ein sehr gutes Netzwerk.

Aus dem Vorzug, vermögend zu sein, etwas gemacht

Marlene Engelhorn ist Mitgründerin der Initiative „taxmenow“ – Initiative für Steuergerechtigkeit e. V. und setzt sie sich für soziale Gerechtigkeit, für eine Reform von Steuerpolitiken und für Erbschaftsteuern ein. Sie ist Nachfahrin von Friedrich Engelhorn, Gründer der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF). Ihre Großmutter, Traudl Engelhorn-Vechiatto war mit Peter Engelhorn, Urenkel von Friedrich Engelhorn, verheiratet. Ich habe Traudl Engelhorn einmal kennenlernen dürfen. Sie war eine lebenslustige Frau, dabei bodenständig und spendabel – an ihrer Enkelin Marlene und ihrer Großzügigkeit hätte sie ihre wahre Freude gehabt.

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Foto: Bild von Moerschi auf Pixabay