„Besonders gefreut hat mich der Wechsel an der Spitze der Stadtverwaltung“
26August
2022
Rückblick auf das erste Halbjahr 2022 im Gemeinderat: Was lief gut? Welche Pläne stehen an? Interview mit FBB-Stadtrat Markus Fricke.
Herr Fricke, der Gemeinderat ist in der Sommerpause und wird sich erst wieder im September treffen. Welche Ereignisse in der Stadtpolitik haben Sie in diesem ersten Halbjahr besonders gefreut?
Markus Fricke: „Es war gut, dass die unsägliche Fahrradbrücke im Bereich des Europaplatzes nicht kommt. Bemerkenswert auch deshalb, weil nicht höhere Erkenntnis dazu führte, sondern der völlig unzureichend begründete Antrag der Stadt für die erhoffte Förderung des Landes. So hatte mangelnde Sorgfalt etwas Gutes.
Besonders gefreut hat mich der Wechsel an der Spitze der Stadtverwaltung. Frau Mergen hat viele Fähigkeiten, die sie auf anderer Position sehr gut hätte einbringen können. Als Oberbürgermeisterin von Baden-Baden tat sie der Stadt nicht gut. Mit Dietmar Späth besteht die realistische Hoffnung einer Veränderung auf den meisten der zahlreichen ihn erwartenden Baustellen.“
Und welche Entscheidungen haben Sie geärgert?
Markus Fricke: „Die Vertagung der Entscheidung über den Standort des Zentralklinikums Mittelbaden ist meines Erachtens ein Fehler gewesen. Ich sage dies wohlwissend, dass auch in meiner Fraktion die Meinungen auseinandergehen darüber. Aber nur scheinbar. Denn eigentlich gibt es nur eine unterschiedliche Bewertung in der Fraktion dazu, ob die Standortfrage mit derjenigen zur Finanzierung und einem kostendeckenden Betrieb zu verknüpfen ist oder nicht. Ich denke, dass dies nicht der Fall ist. Deshalb habe ich trotz der Bedenken der Kollegen und auch der Bürgerinitiative für den Standort gestimmt.“
Der neue OB ist bereits einige Wochen im Amt. Was ist Ihr Eindruck: Treibt er die Stadtpolitik in die richtige Richtung?
Markus Fricke: „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Aber alles, was ich mit Herrn Späth bisher sprach, alles, was ich von ihm hörte und sah, lässt mich mit großer Zuversicht in die Zukunft blicken. Auch er kann aus Schwarz nicht Weiß machen, aber der Wechsel im Umgang miteinander in der Verwaltung, im Gemeinderat und in der Führungsebene ist mit Händen greifbar. Ich zitiere Johann Wolfgang von Goethe: ,Zum Lichte des Verstandes können wir immer gelangen, aber die Fülle des Herzens kann uns niemand geben‘.“
Jetzt heißt es auch für Sie erst einmal: Auszeit vom mitunter anstrengenden Gemeinderats-Ehrenamt. Welche Hausaufgaben haben Sie sich für die Ferien gestellt?
Markus Fricke: „Ich will auch jetzt ehrlich antworten: keine.“
Und welches Thema möchten Sie ab September wieder verstärkt treiben?
Markus Fricke: „Das Klinikum Mittelbaden, die Finanzierung des Baus und das Ende der unsäglichen Verlustsituation wird uns alle noch viel beschäftigen. Hier will ich mit der Fraktion gemeinsam versuchen, Verständnis einzuwerben und den Blick zu weiten, um ergebnisoffen über die Fraktionsgrenzen hinweg eine für unsere Nachfahren finanziell tragbare Lösung zu finden. Außerdem habe ich mir vorgenommen, mehr Wert auf Nachbetrachtungen zu legen. Viele Dinge werden erst viel diskutiert, dann beschlossen und – das ist zumindest meine Wahrnehmung – dann hört man lange nichts mehr.
Und wenn ich sehe, wie in Leipzig riesige Baustellen auf höchst frequentierten Kreuzungen mit zahlreichen Bus- und Straßenbahnlinien in kürzester Zeit top instandgesetzt werden, dann wundere ich mich über unsere never ending storys in Sachen Baustellen. Das kann so nicht bleiben. Mit Wolfgang Niedermeyer an der Seite möchte ich daran mitwirken, dass das besser wird.“
Bereits in nicht einmal zwei Jahren finden Kommunalwahlen statt. Mit welchen Themen sollte die FBB aus Ihrer Sicht punkten?
Markus Fricke: „In unserer schnelllebigen, wirren Zeit ist das ein Blick in die Glaskugel. Allzu oft werden Wahlen entschieden mit einem Thema, das kurz vor dem Termin die Gemüter erregt und polarisiert. Denken Sie an die Oderflut, Fukushima, das Neue Schloss. Insgesamt müssen wir sehen, dass wir als FBB die Jugend besser erreichen. Wir arbeiten im Gemeinderat für deren Zukunft. Unsere Fehler muss die Jugend ausbaden. Da ist es wichtig, gerade die Jugend ins Boot zu holen.“
Last but not least: Wie verbringen Sie den restlichen Sommer? Genießen Sie die Vorzüge der Kurstadt oder fahren Sie länger weg?
Markus Fricke: „Ich mache Urlaub eigentlich eher im Früh- und Spätjahr. Im Sommer bin ich entweder daheim oder eben in Leipzig, eine auf andere Weise als Baden-Baden, aber nicht minder faszinierende Stadt.“
Foto: FBB-Archiv