„Baubürgermeister Alexander Uhlig schaut dem Elend tatenlos zu“

23Dezember
2022

Klare Worte in der Sache Neues Schloss: Dieses verfällt immer mehr, wie eine Besichtigung der Räumlichkeiten bestätigte. Martin Ernst sagt: Dafür ist die Verwaltung mit verantwortlich. Interview zum Jahresende mit dem Gründer der FBB.

Herr Ernst, das Jahr 2022 geht in die letzte Runde. Mit welchem städtepolitischen Thema schließen Sie das Jahr gedanklich ab?

Martin Ernst: „Der kommunalpolitische Aufreger des Jahres war die Oberbürgermeisterwahl. Der Wechsel an der Rathausspitze war notwendig. Ein weiterer Aufreger war und bleibt das Neue Schloss. Unglaublich, aber wahr ist, dass wir als Stadträte zwei Jahre lang eine Begehung forderten und diese dann vor wenigen Wochen tatsächlich zugelassen wurde. Beim Verkauf im Jahr 2003 war das Neue Schloss in einem hervorragenden Zustand. Was wir vor wenigen Wochen ansehen mussten, ist eine Ruine. Die gesamte Pracht des Neuen Schlosses ist verfallen und gleiches gilt auch für den als Naturdenkmal eingestuften Schlossgarten. Keiner der letzten Oberbürgermeister hatte dieses bedeutendste Gebäude unserer Stadt zur Chefsache erklärt. Unser zuständiger Baubürgermeister Alexander Uhlig schaut dem Elend tatenlos zu.“

Welches Thema wollen Sie im neuen Jahr zuerst anpacken?

Martin Ernst: „Das Klinikum Mittelbaden wird uns weiterhin begleiten. Dies gilt nicht nur für die Standortwahl, dies gilt auch für die Klärung des zukünftigen Trägers und für das jährlich anwachsende Minus. Auch hier sind die politischen Amtsträger gefordert. Fehlt hier der Gestaltungswille? Oder gar das Können?“

Welches politische Thema soll oder wird 2023 Ihr Leitmotiv sein?

Martin Ernst: „Leider ist es sehr schwer und mühsam, bei ideologisch geprägten Parteien einen großen Wurf zu präsentieren. Die Tagespolitik ist kleinkariertes Denken mit vielen ergebnislosen Mails, hin und her. Typisches Beispiel dafür ist die seit sieben Jahren halbseitig gesperrte Seelachstraße. Dort hat ein ausländischer Investor den Hang abgesprengt. Über alle Parteien hinweg wurde ein Beschluss gefasst, dass die Stadt den Hang sichern und sanieren soll. Der zuständige Baubürgermeister Alexander Uhlig hat diesen Beschluss der Fraktionen ignoriert, mit dem Vortrag: Es ist seine Aufgabe, Schaden von der Stadt abzuwenden.

Tatsächlich hat er ohne Rücksprache mit dem Gemeinderat erneut eine Baugenehmigung ausgesprochen. Wie man aus der Verwaltung hört, prozessiert nun der neue Investor gegen die Stadt. Was will man dazu noch sagen?“

Welche Themen stehen weiterhin auf Ihrer politischen Agenda?

Martin Ernst: „Meine Mission ist es, dass wir das zweitausend Jahre alte Problem der Tal-Lage bezüglich des fahrenden und ruhenden Verkehres endlich angehen. Hier sollte auf dem Niveau der Planungsmeister agiert werden, denen wir heute den Welterbe Status zu verdanken haben. Des Weiteren wünsche ich mir eine neue herausragende Nutzung für das Neue Schloss. Die Verantwortlichen der Stadtpolitik betonen immer wieder, dass der Gemeinderat ein Teil der Verwaltung ist. Tatsache ist aber, dass bei den politisch Handelnden Ideen aus dem Gemeinderat stören. Man macht, was man will.“

Ein Gedankenspiel. Wir schreiben das Jahr 2030. Wie sieht Baden-Baden aus? Und wofür steht es?

Martin Ernst: „Für das Jahr 2030 wünsche ich mir sehr, dass die zwei vorher genannten Denkansätze bezüglich der zukünftigen Verkehrsführung und das Neue Schloss keine Fatamorgana sind.“

Bild: Ben Becher