„Bevor das Neue Schloss zerfällt, sollten wir ein Leuchtturmprojekt daraus machen“

26November
2018

Martin Ernst, Vorstand der Immobilien Regional AG, hat im Jahr 2003 das Neue Schloss an eine kuwaitische Familie verkauft – einige Jahre später und bis heute engagiert er sich dafür, dass es einer neuen Nutzung zugeführt wird. Wie geht das zusammen? Der Stadtrat der FBB im Interview.

Herr Ernst, Sie haben die Initiative „Rettet das Neue Schloss“ gegründet. Allerdings sind Sie auch derjenige, der das Schloss verkauft hat. Bitte erklären Sie uns das.

Martin Ernst: „Die Aufgabe eines Maklers ist, Verkäufer und Käufer zusammenzubringen, sodass diese beim Notar ihr Geschäft besiegeln. Dies war auch beim Neuen Schloss in Baden-Baden so. Der Markgraf wollte sich von dem seit Jahrzehnten nicht mehr genutzten Schloss trennen. Die Kuwaiterin Fawzia Al-Hassawi wollte für ihre Familie das Neue Schloss kaufen. Die Käufer wussten, dass eine Hotelnutzung schwierig werden würde. Auf meine Frage, was sie mit dem Schloss machen würden, wenn ein Hotel wirtschaftlich nicht darstellbar ist, sagte ihr Vater Mubarak Al-Hassawi wörtlich zu mir: ,Then it’s our private residence.’ Auf Deutsch: ,Dann ist es unser privater Wohnsitz.’ Das war aus meiner Sicht in Ordnung. Das Neue Schloss war über mehrere Jahrhunderte genau das gewesen. Erlauben Sie mir einen Vergleich: Ein Arzt ist mit seiner Heilkunst chancenlos, wenn der Patient die verordneten Medikamente zwar kauft, aber diese nicht einnimmt. Ähnlich ergeht es dem Makler, wenn der Käufer nach dem Kauf der Immobilie sich nicht mehr an seine Zusagen hält.“

War denn nicht abzusehen, dass auch der Schlossgarten möglicherweise zweckentfremdet wird?

Martin Ernst: „Der Denkmalschutz hatte seine Bedenken gegen einen Neubau im Schlossbereich unter der Voraussetzung aufgegeben, dass mit der Nutzung eines Luxushotels eine wirtschaftlich tragfähige Lösung für die nächsten 100 Jahre gefunden wird. Zwingende Vorgabe der Hotelplaner war damals, dass ein Neubau im Schlosspark die Hotelnutzung tragfähig macht.

Für diesen Neubau war die Versetzung des sogenannten Gärtnerhäuschens notwendig. Diese Versetzung wurde im Vorgriff einer möglichen Baugenehmigung gemacht – aus meiner Sicht viel zu früh und mit einem unschönen Ergebnis: Der Schlosspark ist verwüstet, nichts ist von seiner Schönheit übrig geblieben.“

Hat man Ihnen falsche Tatsachen vorgegaukelt?

Martin Ernst: „Das glaube ich nicht. Man hat erst später festgestellt, dass ein Hotelbau in einem denkmalgeschützten Objekt doch wesentlich komplizierter und umfangreicher ist, als man das im Vorfeld abschätzen konnte. Die Stadt Baden-Baden, vertreten durch ihre damalige Oberbürgermeisterin Dr. Sigrun Lang, fand es sehr positiv, dass das Neue Schloss eine Zukunft haben sollte. Genauso sah es das Land Baden-Württemberg, das zum Verkauf seine Zustimmung geben musste. Diese Zustimmung wurde über alle Parteien hinweg einstimmig erteilt. Alle waren froh, dass das Neue Schloss einen neuen Eigentümer gefunden hatte und damit die Kosten von jemandem Fremden getragen würden.“

Wie war die Reaktion der Stadt, als Sie für die Rettung des Schlosses aktiv wurden?

Martin Ernst: „Ich wurde erst wieder aktiv, als ich etwa zehn Jahre nach dem Verkauf plötzlich in den Tageszeitungen las, dass man zuerst teilweise auf den Neubau als Hotelnutzung verzichten würde und später gänzlich: um mit dem Neubau durch den Verkauf von Wohnungen Verkaufserlöse zu erzielen. Dies war gegen die damaligen Absprachen. Da ich mich als Baden-Badener in der Pflicht sah, die Wahrheit ans Licht zu bringen, suchte ich, gegen die Interessen meiner ehemaligen Kundin, den Weg in die Öffentlichkeit.“

Was ist, aus Ihrer Sicht, der größte Faux-pas der Stadt in dieser Sache bislang gewesen?

Martin Ernst: „Dass man immer wieder den neuen Märchen aus „1001 Nacht“ Glauben geschenkt hat und nach wie vor schenkt. Politiker sind es gewohnt, Probleme auszusitzen, was ja sehr oft auch funktioniert.“

Was ist nun Stand der Dinge? 

Martin Ernst: „Nichts geht mehr! Die Situation ist verfahren, die Schlossmauern und der Park werden weiter verfallen und die Oberbürgermeisterin schaut weiter zu.“

Welche Gründe in Sachen Naturschutz oder Wasserschutz sprechen dafür, dass das Schloss und sein Park nicht maßgeblich verändert werden?

Martin Ernst: „Alle heißen Quellen Baden-Badens entspringen im sogenannten Florentinerberg, der sich unter dem Neuem Schloss befindet. Für den Bau der Tiefgarage unter dem Hotel müsste man den Felsen wegsprengen oder zumindest abtragen. Jeder Experte für Quellen weiß, dass dies die Quellen schädigen könnte. Für uns von der FBB ist es nicht hinnehmbar, dass man wegen des Baus einer Tiefgarage die Quellschüttung einer Jahrtausende alten Bädertradition aufs Spiel setzt.“

Was werden Sie unternehmen, um das Schloss zurückzubekommen?

Martin Ernst: „Unsere Oberbürgermeisterin und der Gemeinderat wollen an der jetzigen Situation nichts ändern und betreiben Vogel-Strauß-Politik. Bewegung in dieses Thema wird erst dann kommen, wenn bei der nächsten Kommunalwahl gänzlich andere Mehrheiten entstehen.“

Was würden Sie mit dem Neuen Schloss machen, wenn es an die Stadt zurückfiele?

Martin Ernst: „Entscheidend ist, dass man dies seitens der Stadtverwaltung wünscht und sich im Vorfeld mögliche Nutzungen überlegt. Denn die Zukunft des Neuen Schlosses braucht eine in die heutige Zeit passende Nutzung. Das Neue Schloss müsste ein, noch besser, das Leuchtturmprojekt der Stadt werden.“

Und mit dem Park?

Martin Ernst: „Das Gleiche gilt natürlich auch für den Schlosspark. Er muss wiederhergestellt und für die Öffentlichkeit begehbar gemacht werden.“

Foto: FBB