„Wir ernten deutlich weniger Holz, als zuwächst“
07Januar
2022
Der Anteil an Bäumen, die 2021 im Baden-Badener Wald Schäden nahmen, war relativ gering – dennoch macht sich der Klimawandel bemerkbar. Was muss heute schon getan werden, um den Wald für morgen zu erhalten? Interview mit Thomas Hauck, Forstamtsleiter.
Herr Hauck, wie ist momentan der Zustand unseres Waldes?
Thomas Hauck: „Wir sind mitten im Klimawandel, das wissen wir und das wird uns langfristig Sorgen bereiten. Die Dürre 2018/19 war hart, 2021 kam wieder mehr Regen – das sind aber lediglich Schwankungen im Aufwärtstrend des Klimas. Fest steht: Es wird wärmer. Die vielen Niederschläge im vergangenen Jahr waren nur eine kleine Verschnaufpause. Wir werden künftig häufiger Trockenjahre haben oder auch Starkregenereignisse. Wir Förster betrachten den Wald langfristig und überlegen jetzt: Wie machen wir unseren Wald langfristig stabil?“
Wie muss der Forst also agieren, um den Wald zu retten?
Thomas Hauck: „In die Zukunft schauen können wir nicht. Beim Wald ist es anders als bei einem Maisfeld, das ich im kommenden Jahr umpflanzen kann. Denn ein Wald ist auf Jahrhunderte angelegt. Er hat eine breite Palette von Baumarten auf der Fläche. Es ist wichtig, eine gute Mischung zu haben aus großen und kleinen Bäumen, jungen und alten Beständen – und wir müssen den Wald in sich geschlossen halten. Denn wenn dies der Fall ist, entwickelt der Wald sein eigenes Innenklima, ist feuchter und kühler. Das funktioniert aber nur, wenn die Sonne nicht durchscheinen kann. Deshalb dürfen wir möglichst keine Kahlflächen haben.“
Was ist noch wichtig?
Thomas Hauck: „Wichtig ist, Bäume zu haben, die jetzt mit dem Boden zurechtkommen, aber auch Chancen in der Zukunft haben. Tanne, Eiche und Buche sind Baumarten, die wir sicherlich auch noch Ende des Jahrhunderts im Wald haben werden. Wir achten darauf, dass die Bäume sich selbst verjüngen können, sie werfen ja Samen ab. Wir schauen dann, dass die jungen Bäume gut wachsen können. Dafür braucht es Licht auf dem Boden, deshalb werden einzelne Bäume dann für andere, robustere Sorten herausgenommen. Weiterhin müssen wir sicherstellen, dass wir nicht zu viele Rehe haben, denn sie knabbern an den jungen Bäumen.“
Wie groß ist das Team, das sich um unseren Wald kümmert?
Thomas Hauck: „Wir haben um die 40 Leute mit unterschiedlichen Aufgaben: Förster, Waldarbeiter und so weiter. Zu unseren Arbeiten gehört etwa auch, dass die Wege gerichtet sind. Einen Wald zu betreuen, heißt, nicht nur die Bäume zu pflegen. Da hängt viel dran.“
Wann haben Sie die meiste Arbeit im Wald?
Thomas Hauck: „Im Winter ist Hauptsaison. Dann ist Holzeinschlag.“
Wie viel Holz wurde 2021 geschlagen? Wie viel davon war unbrauchbar?
Thomas Hauck: „Forstwirtschaft arbeitet nachhaltig. Wir ernten deutlich weniger Holz, als zuwächst. Wir haben im vergangenen Jahr um die 30.000 Kubikmeter Holz geerntet. Wie viele Stämme das sind, kann ich Ihnen nicht genau sagen, denn das variiert: Ein Baum hat zwischen einem halben und bis zu drei Kubikmeter Holz. Der Anteil an Holz, das unbrauchbar war, war 2021 relativ gering – rund 10 bis 15 Prozent. Wir hatten keine Probleme mit dem Käfer, der auf die Fichten geht und zum Glück viel Regen und keine großen Stürme.“
Was braucht unser Wald aus Ihrer Sicht, um gesund zu bleiben?
Thomas Hauck: „Es darf nicht zu viel Wind im Wald herrschen. Und er muss geschlossen bleiben. Wir müssen den Wald in seiner Einheit erhalten und dafür sorgen, dass junge Bäume nachwachsen können. Für einen naturnahen Wald brauchen wir eine gute Mischung aus vielen verschiedenen Baumarten. Das ist ein jahrelanger Prozess, für den man Geduld braucht.“
Welche Fehler dürfen wir nicht begehen?
Thomas Hauck: „Wir sollten nicht in blinden Aktionismus verfallen und zum Beispiel unsere Bäume runtersägen, um Exoten zu pflanzen. Und, soweit wir es verhindern können, keine Kahlschläge machen. Wir haben in Baden-Baden zum Glück ein hohes Waldbewusstsein und tun viel dafür, dass der Wald nachhaltig wächst. Wir gehen davon aus, dass die Tanne ein Baum ist, der mit dem Klimawandel gut zurechtkommen wird. Auch die Buche und die Eiche werden wir künftig stärken. Die Fichte hat eher ein Problem, sie ist eine nordische Baumart oder im Hochgebirge beheimatet. Sie hat schnell ein Problem mit Trockenheit und Wärme. Um den Zweiten Weltkrieg herum wurde viel Holz aus den Wäldern herausgenommen, sie wurden später mit Fichtenpflanzungen aufgefüllt. Wir arbeiten seit Jahrzehnten daran, dass in die Fichtengebiete mehr Tannen hineinkommen. Denn Monokulturen sind ungünstig für die Zukunft des Waldes.“
Welche Auswirkungen haben die Waldschäden auf unsere Vögel?
Thomas Hauck: „Es hängt immer von der Vogelart ab. Es gibt Vögel, für die ist es gut, wenn es heiß und trocken ist. Doch in den letzten Jahrzehnten sehen wir, dass das Auerhuhn rückläufig ist im Schwarzwald. Es mag gern Heidelbeeren und Ameisen. Doch wenn es viel wärmer wird, gehen die Heidelbeeren zurück – und dann hat auch das Auerhuhn ein Nahrungsproblem.“
Foto: Forstamt Baden-Baden