„Die Schäden im Wald werden weiter zunehmen“

04November
2022

Die trockene Hitze des Sommers hat auch dem Wald zu schaffen gemacht. Der Dürremonitor des Helmholtz- Zentrums für Umweltforschung zeigt für die Rheinebene sogar ein alarmierendes Dunkelrot! Wie den Wald vor großen Schäden bewahren? Interview mit Thomas Hauck, Forstamtsleiter in Baden-Baden.

Herr Hauck, so trocken wie in diesem Sommer war es noch nie in unseren Wäldern. Ist dieser Eindruck richtig oder hatten wir es schon mit noch kargeren Zeiten zu tun?

Thomas Hauck: „Es war ein sehr trockenes Jahr. Wir sind ja schon seit Jahren in einer längeren Dürrephase. Die langanhaltende Dürre hat deutlich sichtbare Auswirkungen auch im Stadtwald Baden-Baden. Auch wenn wir 2021 mehr Regen hatten, so waren die Jahre 2018, 2019 und 2020 niederschlagsarm. So wie jetzt auch 2022. Das bekommen die Bäume zu spüren. Man sieht rostrote Baumspitzen, über alle Baumarten hinweg. Da sind Buchen dabei, aber auch Tannen und Douglasien. Es trifft vor allem die Bäume, die auf Böden stehen, die per se schon schlecht wasserversorgt sind, weil unter einer dünnen Bodenschicht viel Felsgestein ist und nur wenig Erde aufliegt. Rund ein Viertel der Waldstandorte im Stadtwald sind den mäßig trockenen bis sehr trockenen Wasserhaushaltsstufen zuzuordnen. Dies sind die Standorte, auf denen die Auswirkungen des Klimawandels besonders deutlich zu sehen sind.“

Wie ist aktuell der Schaden unseres Waldes, hier in Baden-Baden? 

Thomas Hauck: „Die Schäden können wir aktuell nicht beziffern. Doch natürlich ist es ungewöhnlich, dass die Laubbäume bereits im August schon Blätter abgeworfen haben. Die langanhaltende Hitze und der ausbleibende Niederschlag in diesem Sommer führte dazu, dass etliche Bäume in den Notfallmodus umstellen und ihre Blätter verfrüht abwarfen. Damit versucht der Baum die Verdunstung von Wasser über die Blätter zu stoppen.“

Was erwarten Sie an Spätschäden?

Thomas Hauck: „Bei den Laubbäumen, aber auch bei Fichten und Douglasien wird man das gesamte Ausmaß an Schäden vermutlich erst im Frühjahr sehen. Wenn man genau hinschaut, kann man Äste oder Teile der Baumkronen erkennen, die abgestorben sind. Oder dass in der Fichte der Borkenkäfer drin ist. Wenn es größere Schäden gibt, dann kartieren wir diese Fläche und wissen dann ganz genau, wie viele Hektar betroffen sind. An sich haben wir bislang keinen riesigen Schaden, den wir erheben müssen, indem wir Bäume zählen. Das Schadensausmaß ist also noch nicht so gravierend. Doch die Schäden werden zunehmen. In anderen Bereichen Deutschlands, wie etwa im Harz, sind ganze Bergrücken abgestorben.“

Viele Bäche führten im August kaum mehr Wasser, Fische und Amphibien sind unweigerlich verendet. Die trockenen Bäche betreffen auch das Wild. Hilft hier das Forstamt den Tieren?

Thomas Hauck: „Wenn wir an größere Säugetiere denken, wie Rehe, dann sehe ich da keine Problematik, da diese die Flüssigkeit auch über Nahrung aufnehmen. Sie suchen sicherlich auch nach Wasser und sie haben die Möglichkeit, weiter zu laufen. Wir haben zum Glück nicht festgestellt, dass wir wegen Trockenheit mehr tote oder kranke Tiere im Wald gefunden hätten. Fische und Amphibien allerdings hatten im Hochsommer ein Problem, für die Amphibien war ja nicht mal mehr feuchter Schlamm da. Deshalb wurden ja auch Maßnahmen ergriffen: Die Wasserentnahme in Naturgewässern wurde verboten. Dazu hat die Stadt eine Allgemeinverfügung herausgegeben. Man kann leider davon ausgehen, dass etliche Fische gestorben sind. Das heißt aber nicht, dass die Gesamtpopulation erloschen ist. Das muss man über längere Zeit beobachten und schauen, was die nächsten Jahre an Niederschlag bringen. Die Grasfroschbestände am unteren Waldsee sind trotz Amphibienanlage allerdings stark eingebrochen. Die Kreuzkröten- und Wechselkrötenbestände im Westen des Kreises sind ebenfalls rückläufig. Um dem entgegenzuwirken, hat das Forstamt bereits Maßnahmen ergriffen. Während die künstliche Befüllung trockengefallener Tümpel keine nachhaltigen Effekte zeigt, wird durch die Neuanlage kleiner Tümpel und durch die Sanierung bestehender Gewässer zusätzlicher Lebensraum geschaffen. Der Klimawandel ist natürlich spürbar und er bringt viele Probleme mit sich. Das Beste wäre, wir würden alle etwas dazu beitragen, um den Klimawandel zu stoppen.“

Welche Maßnahmen ergreifen Sie jetzt im Herbst, um dem Wald zu helfen?

Thomas Hauck: „Neben den Tümpeln für Amphibien verfolgen wir weiterhin mit Nachdruck den Plan, unseren Wald mehr und mehr in einen Mischwald umzuwandeln. Ich denke, das ist auch der richtige Weg für die Zukunft, um den Wald klimaresilient zu machen. Für die Artvielfalt im Wald ist dies auch vorteilhaft.“

Wie werden Sie unseren Wald künftig „aufrüsten“, damit er gegen weitere Dürre-Perioden gut geschützt sein wird? 

Thomas Hauck: „Wir schauen schon jetzt, dass wir auf einheimische Baumarten setzen, etwa Eiche, die mit wärmeren Tagen gut zurechtkommen. Wir arbeiten viel mit Naturverjüngung, da setzen wir große Hoffnung drauf. Und wenn Lücken im Wald entstehen, dann pflanzen wir auch nach. Doch in der Regel versorgt sich der Wald selbst mit neuen Bäumen. Dabei ist es wichtig, dass diese eine Chance haben, auch zu wachsen. Dies ist in einem geschlossenen Wald, der etwas kühler ist, günstig. Das kommt jungen Bäumen sehr zugute.“

Wieviel Holz werden Sie im Winter schlagen?

Thomas Hauck: „Wir haben festgelegt, wieviel wir jährlich schlagen: um die 38.000 Kubikmeter Holz. Es gab Jahre, da waren auch schon mal ein Drittel totes Holz darunter. Gravierende Probleme mit dem Borkenkäfer hatten wir zuletzt aber nicht.“

Warum ist der Wald für uns lebenswichtig?

Thomas Hauck: „Der Wald spielt eine reinigende Rolle und senkt den Co2-Gehalt in der Luft. Durchschnittlich filtert ein Hektar Wald jährlich rund 10 Tonnen Kohlendioxid. Besonders wichtig ist die Rolle des Waldes auch als Trinkwasserspeicher für die Stadt, als Schutz gegen Hochwasser und ganz wichtig für die Zufuhr von frischer und kühler Luft für die Stadt.“

Was wäre Ihr Wunsch, was künftig getan müsste, um den heimischen Wald zu retten?

Thomas Hauck: „Im Moment sind die Schäden noch überschaubar. Aber wenn wir weitere Temperaturerhöhungen bekommen, werden die Schäden zunehmen. Mein Wunsch an die Politik, die Gesellschaft und an jeden Einzelnen von uns ist, dass wir uns des Klimawandels bewusst werden und dazu beitragen, ihn endlich zu stoppen. Energie sparen kann jeder. Und genau diese Kleinigkeiten wie Licht oder Heizung sparen kommen uns allen zugute.“

Fotos: FBB-Archiv