„Wir müssen künftig viel mehr Geld in das Gesundheitssystem investieren“

03April
2020

Wie empfinden Baden-Badener die aktuelle Corona-Krise? Hier kommen Bürgerinnen und Bürger zu Wort. Heute: Julia Ernst-Hausmann.

Wie empfinden Sie die derzeitige Situation mit der Corona-Bedrohung?

Julia Ernst-Hausmann: „Ich finde sie unheimlich schwierig. Die Ungewissheit ist mit das Schlimmste: Wie lange soll dieser Zustand andauern, wie kommt unser Gesundheitssystem damit zurecht, erwischt es auch unsere Familie und wie soll das für die Betriebe funktionieren, wenn dieser Zustand länger als vier Wochen andauert? Viele sprechen von ein bis zwei Jahren Krise, das würde doch wirtschaftlich absolut nicht machbar sein. Und dann gibt es noch viele, die die Situation immer noch nicht als so dramatisch ansehen. Das frustet mich schon ziemlich.“

Sorgen Sie sich um Ihre Familie?

Julia Ernst-Hausmann: „Ja, schon. Ich gehe zwar davon aus, dass meine Kinder, mein Mann und ich wenig gefährdet sein sollten, aber natürlich geht es mir besonders um meine Großmutter, Eltern und Schwiegereltern. Ich habe aber auch schon aus unserem Nachbarland von Fällen in meinem Alter gehört, die daran gestorben sind oder derzeit um ihr Leben kämpfen.“

Sie haben zwei kleine Kinder, leiten einen Verlag. Wie organisieren Sie sich?

Julia Ernst-Hausmann: „Derzeit sind mein Mann und ich im Wechsel im Homeoffice mit den Kindern und im Geschäft. Es ist wirklich schwierig.

Ich habe es mir auch nicht leicht gemacht, aber entschieden, zwei Drittel meiner Verlagsmannschaft ins Homeoffice zu schicken, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Der Rest des Teams hält mit mir im Verlag weiter die Stellung und gewährleistet, dass unser Online-Shop funktioniert und die Bestellungen weiter zugestellt werden.“

Wie kommen Sie mit der Einschränkung bestimmter Läden zurecht? 

Julia Ernst-Hausmann: „Gut. Wir haben zwar nicht gehamstert. Aber wir haben vorgesorgt, da wir ja auch jetzt nicht täglich einkaufen fahren möchten. Ich würde mir wünschen, dass unsere Regierung noch strikter und entschlossener vorgeht. Alle Länder sind hier entschlossener, weniger ängstlich und dadurch müsste dort die Kurve der weiteren Fälle in den nächsten 14 Tagen, hoffentlich, schneller abflachen. Für den Verlag sieht es wieder schwieriger aus. Mit weniger geöffneten Geschäften oder wachsender Angst werden auch weniger Verlagsprodukte gekauft. Das ist eine Situation, die man jetzt noch gar nicht richtig abschätzen kann.“

Wer unterstützt Sie in der aktuellen Situation?

Julia Ernst-Hausmann: „Mein Mann, unsere Familien. Wobei wir versuchen, auch entsprechenden Abstand zu halten.“

Dein Mutmacher-Tipp für andere Bürger? 

Julia Ernst-Hausmann: „Gemeinsam schaffen wir das!“

Glaubst Du, solch eine Situation hat auch einen Effekt, aus dem die Gesellschaft etwas lernen kann?

Julia Ernst-Hausmann: „Ich hoffe, wir lernen, dass wir in Zukunft schneller reagieren und nicht davon ausgehen, dass uns eine ausbrechende Epidemie in einem fernen Land nicht betrifft. Dass wir lernen, dass Europa eine gemeinsamen Maßnahmeplan braucht und nicht jedes Land allein agieren kann, da der Virus an der Grenze nicht halt macht. Und dass wir einfach viel mehr Geld in das Gesundheitssystem investieren müssen: in die Arbeitskräfte, zusätzliche Stellen, die Forschung und die Vorkehrungen für die Notfallpläne.“

Foto: FBB-Archiv