„Ich mache meine Arbeit mit Herzblut“

08Dezember
2020

Lorenz Hettel leitet mit unglaublichem Einsatz die Tafel in Baden-Baden. Einfach ist diese Aufgabe nicht – denn die Mittel sind immer knapp. Interview mit einem großherzigen Mann.

Herr Hettel, wie lange arbeiten Sie schon für die Tafel?

Lorenz Hettel: „Ich bin jetzt im 13. Jahr. 2008 haben wir eröffnet, ich habe im März angefangen. Ende April höre ich vermutlich auf, es wird Zeit für den Ruhestand. Doch ich habe ein sehr stark weinendes Äuge dabei. Ich habe so tolle Mitarbeiter, das ist unbeschreiblich.“

Was haben Sie vorher gemacht?

Lorenz Hettel: „Ich war Chef im Kaufhaus Schneider in Rastatt, neun Jahre, bei den Lebensmitteln, und zuständig für alle vier Schneider-Häuser. Vorher war ich 15 Jahre bei Plus beschäftigt. Danach war ich noch fünf Jahre bei EDEKA. Im Anschluss ging ich zur Caritas.“

Wieso haben Sie die Seiten gewechselt?

Lorenz Hettel: „Ich wurde angesprochen von einem Bekannten, dass man in Baden-Baden jemanden sucht. Da ich immer eine soziale Ader in meinem Berufsleben hatte und mich in meiner Laufbahn auch um schwer vermittelbare Jugendliche kümmerte, lag es nahe, dass ich in die soziale Richtung gehe.“

Haben Sie seit Corona mehr Kundschaft im Tafelladen?

Lorenz Hettel: „Eher weniger. Bestimmte Kundengruppen sind jetzt sehr vorsichtig, wir haben ja gut 70 Prozent Rentner. Aktuell haben wir zwei Tage geöffnet statt drei, da sind die Wartezeiten dann auch entsprechend länger. Das kann schon mal eine dreiviertel Stunde gehen. Denn wir können nur noch vier Leute reinlassen in den Laden. Jetzt haben wir noch das Café umgebaut zum Laden, so können weitere vier Personen einkaufen.“

Wie muss man sich Ihre Kundschaft vorstellen?

Lorenz Hettel: „Die meisten Kunden sind Rentner. Dann haben wir Menschen mit Migrationshintergrund. Dann kommen alleinerziehende Mütter und auch Berufstätige, die so wenig verdienen, dass sie darauf angewiesen sind, bei uns einzukaufen. Und wir haben auch Hartz IV-Empfänger und Arbeitslose. Momentan kommen dienstags rund 100 Kunden und freitags etwa 120. Vor Corona waren es pro Tag rund 140 Kunden – was jetzt das Problem mit sich bringt, dass uns die Einnahmen wegbrechen.“

Wie wissen Sie, dass Ihr Kunde auch ein Anrecht hat, im Tafelladen einzukaufen?

Lorenz Hettel: „Das müssen die Herrschaften nachweisen, etwa durch den Rentenbescheid. Jeder, der einen Zuschuss bekommt vom Sozialamt, darf bei uns einkaufen. Dann machen wir einen Ausweis fertig. Die Bühler lassen jeden einkaufen, das halte ich aber nicht für richtig. Wir wollen die Bürger schützen, die das preiswerte Angebot an Lebensmitteln dringend brauchen.“

Die Oberbürgermeisterin Margret Mergen ist Schirmherrin der Tafel. Wann war sie zuletzt bei Ihnen im Laden?

Lorenz Hettel: „Oh, da muss ich nachdenken. Im Laden habe ich sie glaube ich zuletzt kurz vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin gesehen.“

Was schießt die Stadt zu?

Lorenz Hettel: „Eine finanzielle Unterstützung durch die Stadt, allgemein für den Caritas-Verband, ist wohl gegeben. Doch unser Tafelladen steht finanziell sehr schlecht da. Die Scherer-Stiftung hat uns oft geholfen, finanziell über die Runden zu kommen. Die machen dieses Jahr aber leider nichts mehr.

Fest steht: Wenn wir zwei Jahre hätten wie 2020, müssten wir schließen. Das kann sich die Caritas nicht leisten. Wir sind hier 100 Mitarbeiter, davon 99 ehrenamtlich. Ich bin der einzige, der von der Caritas bezahlt wird.

Wir sind meines Wissens die einzige Tafel in Deutschland, die ausbildet. Doch ich habe in diesem Jahr erstmals in zehn Jahren keinen Lehrling nehmen können, einfach, weil das Geld fehlt! Darüber bin ich sehr, sehr traurig. Wir haben 14 Lehrlinge ausgebildet in den vergangen zehn Jahren, die sonst auf dem Arbeitsmarkt wohl keine Chance gehabt hätten.“

Gibt es sonst Initiativen, die helfen?

Lorenz Hettel: „Eine Angestellte im Rathaus macht gerade eine Lebensmittelsammlung für uns. Ich habe ihr leere Kisten gebracht und hole diese in zwei Wochen wieder ab. Außerdem machen wir Sammlungen in den Schulen und in drei Kindergärten. Da bringe ich auch leere Kisten hin und hole sie gefüllt wieder ab. Das ist ein unheimlicher Erfolg, wir hatten schon 172 Kisten, voll mit haltbaren Lebensmitteln wie Kaffee, Nudeln, Zahnpasta, Konserven. Durch Corona sind auch viele private Haushalte gekommen und haben uns Lebensmittel gebracht.“

Ein Wort über Ihre 99 Helfer?

Lorenz Hettel: „Ich bin unheimlich dankbar für meine Mitarbeiter. Der älteste ist 89 Jahre alt. 24 meiner Helfer sind mittlerweile schon zwölf Jahre bei der Tafel. Das verbindet unheimlich.“

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Caritasverband Baden-Baden e.V.
Verwendungszweck: „Spende Tafel-Laden”
IBAN: DE 51 6629 0000 0281 0742 02, BIC: VBRADE6K
Volksbank Baden-Baden Rastatt eG

Fotos: FBB-Archiv