Ein Leben für die Musik

04Dezember
2020

Karl Nagel, Leiter des Jugendorchesters Baden-Baden und Mitglied der FBB, ist am 28. November von uns gegangen. Ein Nachruf auf einen begnadeten Musiker.

Mit Blitz und Donner kam er auf die Welt: An einem stürmischen Tag im August, es war der 13., wurde Karl Nagel 1937 geboren. Sein Leben widmete er der Musik. Im Herbst 1958 begann Karl Nagel das Studium an der Städtischen Musikhochschule in Karlsruhe. Sein Abitur hatte er zuvor am Gymnasium Hohenbaden abgelegt.1966 fand sein Studium jedoch abrupt ein Ende – das Geld aus dem Erbe der verstorbenen Mutter war aufgebraucht. Karl Nagel war als 20-Jähriger bereits Vollwaise. Doch er ließ sich von seiner Leidenschaft niemals abbringen.

Gründung des Jugendorchesters

Bereits ein Jahr vor dem Beginn seines Musikstudiums, 1957, gründete Karl Nagel zusammen mit seinem Freund Norbert Nohe und zwei weiteren Klassenkameraden das Jugendorchester Baden-Baden. Als Karl Nagel 2017 seinen 80. Geburtstag feierte, wurde das Jugendorchester 60 Jahre alt. Mit viel Herzblut hatte er das Jugendorchester über all die Jahre betreut.

Als junger Mann schon Leiter

Bis 1963 spielte der passionierte Musiker die 1. Oboe. Im August 1963 übernahm er dann selbst die Leitung des Jugendorchesters, da Norbert Nohe eine Arbeitsstelle außerhalb Baden-Badens angenommen hatte.

Proben bis in die Nacht

1966 bekam Karl Nagel eine Ballett-Korrepetitoren-Stelle am städtischen Theater Mainz. Dadurch mussten die Proben künftig am Samstag oder Sonntagen vormittags stattfinden. An diesen Tagen war dort meist ballettfrei und Karl Nagel probte dann oft elf oder zwölf Stunden.

Auch das Kurhaus war „Probebühne“

Ein Zitat aus seinen Aufzeichnungen: „Als ich das Orchester übernahm, war es mit den Proberäumen immer problematisch. Durch die gütige Hilfe des damaligen Kurhausinspektors Dorner-Müller gab es die Möglichkeit, in allen Räumen des Kurhauses zu proben. Oft auch im Treppenhaus der Bel Etage. Der Runde Saal mit seiner tollen Akustik bot einen hervorragenden Rahmen. Dort klang das kleinbesetzte Orchester bei den Proben groß sinfonisch. Dann probte man 25 Jahre im Gymnasium Hohenbaden.“ Später dann wurde im Saal bei AMORC probiert, außerdem im Saal der AOK-Klinik Korbmattfelsenhof und in der Reha-Klinik Höhenblick.

Bei Karajan in der Lehre

Karl Nagel machte von 1960 bis 1970 Dirigentenkurse in Salzburg am Mozarteum und hatte viel damals prominente Lehrer. Dort traf er auch auf wahre Größen: Er hatte das große Glück, bei Herbert von Karajan 1970 etwa 40 Minuten dirigieren zu dürfen. Die anderen Studenten waren hingegen nur rund zehn Minuten am Werk.

Stimmungsvolle Barockkonzerte

Für die musikalischen Aktivitäten in der Kurstadt tat Karl Nagel eine ganze Menge: 1964 begann er, immer am zweiten Weihnachtsfeiertag um 17 Uhr Barockkonzerte in der Altkatholischen Spitalkirche durchzuführen. Auch gab er zahlreiche Konzerte in Altenheimen, Rehakliniken und auch auswärts. 2006 gab es zehn Barockkonzerte. Ab August 1968 fanden im Innenhof des Neuen Schlosses kostenfrei Serenaden-Konzerte statt. Da für den Kauf der Noten für die gespielten Mozartwerke kein Geld da war, hat Karl Nagel eigenhändig viele Stücke sowie natürlich die gesamten Orchesterstimmen aus der Partitur abgeschrieben. Seine Hingabe für die Musik kannte keine Grenzen. Und so ist es bis zu seinem Ende geblieben.

So viele rührende Worte von Freunden

Viele Wegbegleiter meldeten sich nach seinem Tod zu Wort und schrieben ihre Erinnerungen an einen großen Musikfreund auf. Hier nur ein kleiner Auszug: „Ich verdanke ihm als Jugendlicher meine ersten Orchestererfahrungen, konnte viele bekannte und unbekanntere Werke mitspielen, und habe auch während meines Studiums viele solistische Konzerte mit ihm spielen können. Ich teile seine Begeisterung insbesondere auch für Mozart, Bach und die Komponisten der Silvesterrunden“, schrieb ein Freund. Andere Freunde schrieben an seine Ehefrau Christa Rheinschmidt: „Wir können es nicht glauben. Musik, Baden-Baden, ohne Ihren Mann, ist einfach unvorstellbar. Er war eine große Persönlichkeit mit einem großen Herzen. Das haben wir, die wir ihn sehr gut kannten, immer wieder erlebt. Hilfsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Humor und natürlich seine Ruhelosigkeit, die viele als Ungeduld betrachteten, jedoch lediglich ein Zeichen seiner Motivation war, zeichneten diesen großartigen Menschen aus. Karl Nagel hinterlässt eine große Lücke, die keiner ausfüllen kann.“ „Wie viele Menschen haben gar nicht gewusst, wie viel ihnen Karl geschenkt hat. Ich weiß es und bin sehr dankbar dafür", fasst ein Musikfreund zusammen.

In treuem Gedenken

Das Jugendorchester Baden-Baden erhielt keinerlei städtische Zuschüsse. Es musste sich stets selbst ernähren. Seit 2003 gab es einen Förderverein Jugendorchester Baden-Baden, der für das Orchester auch Geldmittel besonders zum Notenkauf zur Verfügung stellte. Ohne seinen Leiter ist es nicht vorstellbar. Christa Rheinschmidt: „Es war das Orchester meines Mannes, das auch mit seinem Tod enden soll.“ Wir werden Karl Nagel und sein Wirken in unserem Andenken bewahren.

Fotos: Hans-Georg Fischer, Pixabay.com/Ben Becher