Nun doch: Fieser-Brücke und Kreuzstraße werden Fußgängerzone

01Oktober
2021

Am Wahlsonntag wurde in Baden-Baden darüber abgestimmt, ob die Fieser-Brücke künftig Fußgängern vorbehalten wird oder nicht. Die Mehrheit der Bürger sprach sich für eine Fußgängerzone aus. Markus Fricke, Stadtrat der FBB, bezieht Stellung.

Die Fraktion der FBB hat gemeinsam mit den Fraktionen von CDU, Freien Wählern und FDP für eine Schließung des Bereichs lediglich von 11 bis 19 Uhr geworben. Ziel war:

  • die Überlauffunktion bei Veranstaltungen zu erhalten
  • weite Umwege beispielsweise zum Dorint Maison Messmer zu vermeiden
  • die Durchlässigkeit von und zu beiden Seiten des Oostals zu erhalten
  • statt den Verkehr zu verlagern.
  • Und wie man den zu erwartenden Kreuzungsverkehr zwischen flanierenden Fußgängern auf dem Weg zum und vom Kurhaus einerseits sowie den Radverkehr auf der Kaiserallee und Lichtentaler Allee andererseits verkehrssicher gestalten will, erschließt sich der FBB und den anderen Fraktionen bis heute nicht.

Der Charme der Fußgängerzone wäre von 11 bis 19 Uhr gewährleistet gewesen. Dies entsprach dem nach langem Ringen im Gemeinderat gefundenen Kompromiss. Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist ein anderes – und das für uns unerwartet deutlich. Ich gratulierte noch am Wahlabend dem Sprecher der Bürgerinitiative, Jörg Grütz; nicht, weil er das Fähnchen in den Wind hängen wollte. Nein, es ist eine demokratische Entscheidung, und diese gilt es nicht nur zu respektieren. Sie muss jetzt auch mitgetragen werden. Das ist eine Frage des Stils.

Die FBB hätte erwartet, dass auch die Fraktion der Grünen zunächst einmal die Mehrheitsentscheidung im Gemeinderat akzeptiert und mitgetragen hätte, statt postwendend das Bürgerbegehren aufzuzeigen. Leider machte es der Erste Bürgermeister Alexander Uhlig nicht viel besser. Statt den Gemeinderatsbeschluss zu akzeptieren und nicht gegen OB Mergen und die Mehrheit im Gemeinderat zu opponieren, warb er am Stand der Bürgerinitiative für Stimmen. Stadträtin Kailbach-Siegle (CDU) artikulierte das Unverständnis, das in weiten Teilen herrschte. Und sie hatte absolut recht. Denn natürlich ist EBM Uhlig auch Bürger dieser Stadt und hat ebenso natürlich seine eigene Meinung. Keine Frage. Aber es kann nicht angehen, dass die Funktion des Bürgermeisters, der Gemeinderatsbeschlüsse umzusetzen hat, diese im Sinne seiner vorher vehement vertretenen, anders lautenden Meinung konterkariert und seiner Oberbürgermeisterin zudem in den Rücken fällt. Auch das ist eine Frage des Stils und politischer Kultur.

Nun sind also die Würfel gefallen und der Bereich ist für Fahrzeuge tabu, außer am Vormittag. Auch das kann seinen Reiz haben, wie die deutliche Mehrheit befand. Welche Auswirkungen es haben wird? Man wird sehen.

Wichtiger aber ist, wie es insgesamt mit dem Verkehr weiter geht. Das Herumdoktern an singulären Problemen (Falschparker, Poser, Schleichweg hier) hilft niemandem. Es bedarf einer ganzheitlichen, allgemeinverträglichen Lösung der schwierigen Verkehrssituation. Nur wenn sie aus einem Guss ist, Nutzen und Lasten gerecht verteilt sind, unter dem Strich objektiv mehr Vorteile als Nachteile bringt, nur dann ist sie ein Erfolg und nur dann hat sie Akzeptanz. Hier gilt der Aufruf an Verwaltung und alle Fraktionen, ohne Scheuklappen gemeinsam eine Lösung anzustreben, und zwar bald.

Denn die Stadtsanierung Südliche Neustadt lässt Gestaltungsspielräume zu, die nicht verschlafen werden dürfen. Ein paar Bäume am Straßenrand sind nicht wirklich die Lösung. Die FBB fordert es seit langem, Schwetzingen und Bühl machen es vor: ein „Shared-Space“-Bereich möglichst vom Bertholdplatz bis vor das Theater. Darunter ist etwas anderes als verkehrsberuhigter Bereich zu verstehen und auch etwas anderes als eine Fußgängerzone.

Während in der Fußgängerzone Pkw-Verkehr tabu ist außer für Anlieferung und Anlieger, ist im verkehrsberuhigten Bereich alles wie sonst, nur dass Schritt (7 km/h maximal) gefahren werden muss und niemand wirklich Vorfahrt hat.

Im "Shared-Space“, dem gemeinsam geteilten Raum gibt es weder Bürgersteig noch Verkehrsreglung, es gibt keine Ampeln, keine Fußgängerüberwege. Jeder bewegt sich frei und ungezwungen – aber eben mit Rücksicht auf alle anderen. Für den ÖPNV wäre es eine erhebliche Umstellung. Das ist wahr. Aber: „Geht nicht, gibt’s nicht“, meinen die Freien Bürger für Baden-Baden.

Fotos: Ben Becher