Der Brücken-Fehlgriff

23April
2021

Wolfgang Niedermeyer springt in seinem Amt als 1. Vorsitzender des Vereins Stadtbild Werner Schmoll, SPD, zur Seite. Beide sind skeptisch, was die Überlegungen einer im Bauausschuss vorgestellten Radfahrerbrücke am Verfassungsplatz angeht. Und das nicht nur, weil dies ein heftiger Eingriff ins Stadtbild wäre.

Niedermeyer äußerte seine Bedenken gerade in einem Schreiben an die Oberbürgermeisterin. „Der Verein Stadtbild begrüßt das Eintreten von Stadtrat Werner Schmoll für ein verantwortungsbewusstes, angemessenes, und sorgfältiges Vorgehen am Verfassungsplatz, der Pforte zur Innenstadt“, schreibt Niedermeyer.

Es fehlen Zählungen

„Die Schelle, die der Grünen Fraktion und dem Baubürgermeister umgehängt wird, ist nicht unberechtigt. Weil etwas hoch gefördert wird, muss man es noch längst nicht machen. (Anm. der Red.: Gemeint ist die Möglichkeit, den Bau einer solchen Brücke vom Land fördern zu lassen, bis zu 80 Prozent). Stadtrat Schmoll stellt die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs an den Anfang seiner Überlegungen. Gibt es überhaupt verlässliche Zählungen, fragt er. Da muss aber weiter ausgeholt werden. Große Gruppen von Gästen erreichen über diesen Knotenpunkt ihre Ziele in der Innenstadt, ist der Touristenbushalt doch davor in der Eisenbahnstraße. Es gibt sicherlich auch Bürger, die hier die Kreuzung passieren müssen. Sollen denen die Umstände allein aufgebürdet bleiben, die man den Radlern ersparen will? Auch hier fehlen verlässliche Zählungen und ein daraus eventuell entstehender Bedarf.

Ein Fehlgriff

,Es genügt nicht, ein paar beschönigende Beispiele aus dem Internet zu kopieren und dem Bauausschuss vorzulegen’, bemängelt Stadtrat Schmoll. Dahinter stehen auch wir. Die gezeigten gigantischen Brückenbauwerke stehen nicht für den Anspruch Baden-Badens. Und was die vorgezeigte Calatrava-Brücke (sie heißt sinnigerweise Ponte della Costituzione – Verfassungsbrücke) aus Venedig betrifft, ist die wohl ein weiterer Fehlgriff.

Eine Fahrradbrücke mit Stufen?

Ist diese Brücke doch eine mit Stufen bestückte Fußgängerbrücke im radfahrerarmen/-freien Venedig. Der Baumeister wurde übrigens zu einer Geldstrafe verurteilt, da die Brücke bei Nässe nicht benutzbar war und aufwendig nachgearbeitet werden musste. Wer unsere Stadt weiterbringen will, muss vor allem auch befähigt sein zu erkennen und klarzustellen was ,nicht geht’ und dann sorgfältig untersuchen, was möglich ist. Dieses Vorgehen wird gerade mit einer ,Gestaltungssatzung für die Villengebiete’ beispielhaft vorangetrieben.

Volle Unterstützung für Schmoll

Den Welterbe-Satus gemeinsam mit europäischen Partnern zu erreichen war und ist eine sinnstiftende, von den Parteien und Bürgern weit überwiegend begrüßte Bewegung. Die daraus entstehenden Verpflichtungen anzunehmen, wie von Stadtrat Schmoll zurecht eingefordert wird, findet deshalb auch unsere volle Unterstützung.“

11,6 Millionen Kosten

Eine kluge Leserin wies in einem Leserbrief, den sie ans BT adressierte, noch auf weitere Fakten hin. Anke Ehlert schreibt darin, „dass die Kosten für die Brücke mit sieben Millionen Euro veranschlagt waren, sich aber am Ende auf 11,6 Millionen beliefen.“ Eine Menge Geld, bei leeren Stadtkassen – selbst bei einer Förderung von 80 Prozent.

Fotos: Ben Becher