Der Blitzer wartete um die Ecke

14August
2020

Neulich abends im Leo’s: Die Stadt ächzte unter der Hitze, die Gäste kamen spät – es war einfach zu heiß! Doch dann gab’s was zu gucken. Eine Betrachtung von Cornelia Mangelsdorf.

Das Spektakel, das die Gäste, die draußen tafelten, verfolgen konnten, war nicht von dieser Welt: Schnelle Autos kamen über die Inselstraße zunächst zahm angefahren – und gaben dann, als sie um die Kurve fuhren, so richtig Gas: Motoren heulten auf, Reifen quietschten, die Tachonadeln müssen in Lichtgeschwindigkeit nach oben geschnellt sein. Roter Ferrari, weißes Porsche-Cabriolet, blauer Mustang, schwarzer Maserati und mehr – das Aufkommen von Luxuskarossen konnte locker mit Bling-Bling-Orten wie Saint Tropez konkurrieren. Da fuhren Millionen um die Ecke!

Ätsch, geblitzt!

Dumm nur, dass ein paar Meter weiter in der Luisenstraße der mobile Blitzer stand. Auch wenn klar ist, dass Besitzer von 150.000 Euro-Schlitten sich über einen Strafzettel von vielleicht 60 Euro nicht allzu sehr aufregen werden – die Stadt hat richtig gehandelt, um den Rasern in der Tempo-30-Zone mal einen Denkzettel zu verpassen.

Bitte Ruhe!

Die Anwohner wird’s freuen: Sie fühlen sich schon lange gestört von dem Lärm, den die sogenannten Poser hier veranstalten. Und auch für die Gäste in den Lokalen ist es mitunter beängstigend, wenn die Fahrer in ihren Geschossen so richtig aufdrehen – so sehr, dass man mitunter sein eigenes Wort nicht versteht.

Die Polizei vor Ort

Auch Kontrollen hat die Polizei ein paar Tage später in besagter Ecke durchgeführt. Und prompt Verstöße ermittelt. Ein Autofahrer hatte etwa seinen Radstand künstlich verbreitert. Auch ein ferngesteuerter „Klappenauspuff“ sei ermittelt worden. Was das ist, musste ich erstmal googeln – autotuning.de weiß es: „Das namensgebende Teil des Klappenauspuffs ist die Klappe, welche es ermöglicht, den Abgasstrom umzuleiten. So kann man sowohl einen leisen schallgedämpfter Kanal, als auch einen lauten, voluminösen Kanal verwenden.“ Und ich lerne noch was dazu: „In der Tuningszene kommt es neben dem Aussehen und der Leistung auch viel auf ein drittes Kriterium an: Lautstärke.“ Aha! Das Krachmachen hat also Methode.

Nur Krach im Kopf?

Ein Rätsel wird es bleiben, was Menschen – meist Männer – antreibt, ihren Wagen als Instrument der lautstarken Selbstdarstellung zu missbrauchen. Das Vorführen von Beschleunigungskräften im hohen Dezibel-Bereich scheint den Besitzern ein echtes Bedürfnis zu sein. Wenn sie es auf einer freien Autobahn tun, finde ich das in Ordnung. Aber in der Innenstadt? Da wirkt das einfach nur albern. In meiner Runde an jenem Freitagabend haben wir uns jedenfalls lustig gemacht über die lärmenden Edelbüchsenfahren – was auch den beiden Herren am Nebentisch nicht entging: Die Harley-Fahrer, die sich nach dem Essen auf ihre heißen Öfen schwangen, lächelten uns amüsiert zu und rollten betont langsam auf die Luisenstraße. Wahrscheinlich hatten sie unsere Kommentare noch im Ohr!

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