Was wir von anderen Städten lernen können

01Oktober
2021

Das Potenzial der Stadt ausschöpfen: für die Bürger, die Gäste, das Welterbe – hier kann Baden-Baden noch eine Schippe draufpacken. Cornelia Mangelsdorf hat sich andernorts umgeschaut. Und Ideen mitgebracht.

Vor zwei Wochen fuhren wir für ein paar Tage Richtung Süden. Unser erster Stopp führte uns in die Stadt Dijon im Burgund. Bei einer Kaffeepause staunte ich nicht schlecht, als ein kleiner E-Bus nach dem anderen um die Ecke flitzte: Dass jeder Bürger oder Gast kostenlos mitfahren darf, war darauf zu lesen. Super! Diese Rechnung geht auf: Anstatt sich mit dem Auto durch die Innenstadt zu quälen und vier, sechs, acht Euro Parkgebühren zu berappen, nehmen die Gäste oder Bürger lieber den praktischen kleinen Bus. Der so wendig ist, dass er überall durchkommt. So etwas würde ich mir auch in Baden-Baden wünschen, etwa, um ältere Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, auf unseren wunderschönen Marktplatz zu fahren und die Innenstadt gleichzeitig verkehrstechnisch zu entlasten.

Zypressen zieren Straßen – das wollte die FBB auch für Baden-Baden

Weiter ging’s in die Provence. Der wunderbare Duft von Pinien, Rosmarin und Thymian empfing uns. Die zahlreichen Zypressen, die die Straßen dort säumen, geben dieser Region etwas Romantisches. Diese schlanken und pflegeleichten Schönheiten lassen den Asphalt fast vergessen. Ich erinnerte mich mit Wehmut daran, dass Prof. Dr. Heinrich Liesen, Stadtrat der FBB, vor einiger Zeit einen Antrag gestellt hatte, mit der Idee, die Einfahrt nach Baden-Baden auch mit Zypressen zu verschönern. Doch er bekam einen Korb. Wie schade! Chance vertan. Gerade jetzt, wo wir Welterbe sind, können wir gar nicht genug unternehmen, um unsere Stadt und ihr Entrée zu verschönern. Gerade der Ortseingang stimmt unsere Gäste ja auf ihr Ziel ein.

Sitzgruppen in der Innenstadt

Natürlich darf bei einer Reise nach Südfrankreich ein Abstecher nach Saint Tropez nicht fehlen. Wir pilgern jedes Mal zur berühmten Gendarmerie, in der 1964 der unvergessene Louis de Funès den „Gendarm von Saint Tropez“ spielte. Die Gendarmerie ist heute ein Museum und zieht viele Besucher an. Vor ihr und auf den Plätzen gegenüber gibt es jede Menge Sitzgelegenheiten: schöne Sitze aus Holz, in Zweier- oder Dreiergruppen aufgestellt und fest im Boden verankert. Noch mehr solcher lose in der Stadt verstreuten Sitzgruppen würde ich mir auch in Baden-Baden wünschen: damit Schüler, Menschen, die rasten wollen, Flaneure, Betrachter und Genießer kurz ruhen und schauen können. Gut, wir haben viele Parkbänke und neuerdings auch ein paar Liegen in der Stadt – das ist ein Anfang. Aber da geht noch mehr!

Burgen mit viel Leben

Südfrankreich hat Einiges zu bieten an zauberhaften Bergdörfchen mit dazugehörigen alten Kastellen und Burgen. In vielen davon tummeln sich Cafés oder Restaurants. Unsere Nachbarn feiern ihre Denkmäler, sie lieben und ehren die Präsenz ihrer historischen Stätten. Doch wenn ich an die Totenstille denke, die aktuell auf der Yburg herrscht, werde ich traurig. Kein Restaurant mehr darin, dafür Sanierungsstau. Ja, es liegt am Land, die Gelder zu bewilligen, um die Zufahrtstraße und weitere Arbeiten durchzuführen. Ich denke, die Stadt muss alles dran setzen, damit unsere Yburg bald wieder ein Ausflugsort wird, auf dem Wanderer oder Radfahrer ihr Vesper genießen können. Dieser Totentanz dauert schon wieder viel zu lang!

Weingüter erfinden sich neu

Und wo wir schon beim Genuss sind: Die Weingüter in der Provence haben einen ganz simplen Trick, um sich zu vermarkten. Sie öffnen ihre Häuser, um dort etwa mit einem Food-Truck Gäste anzulocken. Zum Essen wird natürlich der hauseigene Wein gereicht. Ein anderes Weingut hat auf seiner Terrasse Lichterketten aufgehängt und eine Weinbar eröffnet. Ein guter Tropfen im Glas, dazu etwas Brot, Käse und Oliven – reicht doch für einen schönen Abend!

Unsere Stadt hat ein riesiges Potenzial

Jeder Urlaub geht einmal zu Ende. Und ich freue mich jedes Mal wieder, nach Hause zu kommen in meine Stadt, in meinen Garten, auf der Terrasse zu sitzen und auf unseren wunderbaren Wald und die Obstwiesen zu schauen. Ja, meine Stadt hat unglaublich viel Potenzial und ich möchte sie als Heimatstadt mit keiner anderen tauschen. Machen wir etwas aus ihr. Baden-Baden kann noch viel schöner werden!

Fotos: Cornelia Mangelsdorf