Ein Konzept für die Katz

13August
2021

Die Verwaltung lässt ein Papier erarbeiten, das untersuchen soll, wie man Fahrzeuge für Anlieferung möglicherweise reduzieren könnte. Die Frage ist: Hat das Konzept vernünftige Lösungen im Angebot? Ein Kommentar von Cornelia Mangelsdorf.

Mittwochmorgen, 11 Uhr. Ich komme mit dem Auto vom Augustaplatz und bin unterwegs in Richtung Kurhaus. Die Lichtentaler Straße ist voll: Es parken viele Lieferwagen – und dann sind da auch noch Baustellen. Dieser Tage sich durch die Straßen zu bewegen, kostet Zeit und manchmal auch Nerven. Dennoch: Ich freue mich, dass endlich wieder Leben in der Stadt ist! Touristen kommen, Autos fahren – und Gastbetriebe wie Geschäfte müssen mit frischer Ware beliefert werden.

In Beauftragungs-Laune – doch die Stadtkasse ist leer

Mit einem Fragezeichen auf der Stirn las ich kürzlich, dass die Stadt ein Karlsruher Fachbüro mit einem Konzept beauftragt hat, das helfen soll, den Anlieferverkehr zu sortieren. „City-Logistik-Konzept“ nennt sich das Ganze. Dieser Tatbestand löst bei mir eine Kette von Fragen aus: Was kostet dieses Gutachten? Haben wir wirklich das Geld übrig? Bringt es Nutzwert und Mehrwehrt, ist es sein Geld also wert? Oder hatte man in der Stadtverwaltung einfach Lust, auf Einkaufstour zu gehen?

Ja, wissen wir selbst, dass viel Lieferverkehr besteht…

Schauen wir uns doch mal die Ergebnisse an, die das Fachbüro geliefert hat. Erkenntnis eins: Die Zahl der Lieferfahrzeuge in der Innenstadt steige, heißt es, was auf den wachsenden Internethandel zurückzuführen sei. Aha! Ja, das ist ja ganz was Neues! Für diese Erkenntnis braucht es meines Erachtens keine Experten, wissen wir doch alle, dass seit Corona der Online-Handel zugenommen hat – wie jeder in seinem Wohnviertel beobachten kann.

…und unser Städtchen viele enge Wege hat

Zweitens wird von den Experten betont, dass Platz in der Innenstadt Mangelware sei, was die Anlieferungen erschwere. Ach, wirklich? Tja, dazu hätte es jetzt wirklich nicht die kostspielige Aussage eines Karlsruher Büros gebraucht. Jedes Kind, das hier lebt, weiß, dass Baden-Badens Zentrum aus vorwiegenden schmalen Straßen besteht.

Worin besteht der Mehrwert des Papiers?

Drittens wurden Zahlen ermittelt. Doch, oh je, auch deren Neuheitswert ist, sagen wir mal, Magerquark: Zwei Drittel der Anlieferungen seien dem Wirtschaftsverkehr geschuldet, die Haltezeit betrage in den meisten Fällen bis zu 20 Minuten. Ferner wurde ermittelt, dass die Ladezonen oft von Nicht-Lieferanten genutzt würden. Auch diese Erkenntnisse bietet nun keine Überraschung, geschweige denn einen Lösungsansatz.

Ein solcher wurde aber dann noch mitgeliefert: Man solle etwa widerrechtliches Parken stärker kontrollieren. Wären wir ja nie drauf gekommen! Und man solle mehr auf E-Lieferfahrzeuge setzen. Als ob die Stadt Baden-Baden die Umrüstung der Fahrzeugflotte von DHL, UPS, Metzgereien und Wäschereien beeinflussen könnte!

Stadtboten als Lieferboten? Ist ja urkomisch!

Herzlich lachen musste ich beim Vorschlag der Karlsruher, ein städtisches Liefernetzwerk aufzubauen. Richtig ist: Die Stadtverwaltung muss zwischen Ämtern hin- und herpendeln. Nun schlagen die Experten vor, neben Akten und Unterlagen könnten ja vielleicht noch private Lieferungen wie Pakete angenommen beziehungsweise verteilt werden. Das finde ich lustig: Dann würde sich vielleicht neben einem wichtigen Dokument aus dem Rathaus – gar die Bewerbung der Oberbürgermeisterin für die nächste Amtszeit? – die bestellte Pizza von, sagen wir mal, Alexander Uhlig in einer Kiste treffen! Na, wenn das mal gutgeht.

Das Thema gehört in die Stadt, nicht in ein externes Büro

Vielleicht setzt man sich künftig einfach mal mit den Leuten zusammen, die etwas von der Innenstadt verstehen: etwa Händlern, Gastronomen, Hoteliers. Das sind Baden-Badener und sie sind täglich in ihrer Stadt präsent. Das kann man von dem Karlsruher Fachbüro nicht behaupten.

Haushalten will gelernt sein

Und dann stelle ich mir Gretchenfrage: Kann man in der Verwaltung wirtschaften? Oder gibt man nicht einfach zu leichtsinnig das Geld aus? Es ist immerhin Geld, das die Bürger in Form von Steuern zur Verfügung stellen. Damit sollte sorgsam umgegangen werden. Denn Geld wird schwerer verdient als ausgegeben – wer das verinnerlicht hat, plant vorsichtiger!

Fotos: Ben Becher