Ulm macht’s vor: mobile „Nester“ für Obdachlose
10März
2020
Es funktioniert: Aufklappbare Holzkabinen, in denen man in kalten Nächten unterkommen kann, bringen Obdachlose von der Straße und schützen sie vorm Erfrieren und vor Dauerregen. Mehrere Städte setzen bereits darauf.
Immer mehr Menschen im Südwesten sind ohne Wohnung. Zwischen 2014 und 2018 ist die Zahl der Obdachlosen in Baden-Baden von 137 auf 278 Fälle gestiegen, wir berichteten. Auch Karlsruhe verzeichnet einen starken Anstieg: Seit Jahren melden sich monatlich um die 60 Familien, die ohne Dach über dem Kopf sind –2012 waren es noch durchschnittlich 20 Familien. Die Zahl hat sich verdreifacht!
Erfrierungen der Fußzehen
Dass Obdachlose vielen Risiken ausgesetzt sind, zeigt der Fall eines Mannes, der regelmäßig in Oos vor der Postfiliale sein Nachtlager aufschlug. Aktuell ist er dort nicht mehr zu finden, sein Platz wurde geräumt. Der Mann hatte starke Erfrierungen an den Fußzehen erlitten. Die Caritas war mit dem Mann in Verbindung gestanden, Bürger hatten ihm Kleidung gespendet. Im Krankenhaus soll geprüft worden sein, ob die Fußzehen amputiert werden müssen. Das Schicksal des Mannes ist derzeit unbekannt.
Die Schlafkapseln schützen vor Kälte
So weit müsste es nicht kommen. Ulm testet aktuell Kabinen, die Wohnungslose unkompliziert nutzen können: Zwei mobile Schlafkapseln mit Liegefläche hat die Stadt für sie aufgestellt, in Grünanlagen der Innenstadt. Bislang seien die sogenannten Ulmer Nester fast jede Nacht genutzt worden, heißt es aus der Sozialabteilung der Münsterstadt. Die Nester stehen bereits seit Ende Dezember. Aktuell wird geprüft, wie viele Wohnungslose das Angebot angenommen haben. Die Schlafunterkünfte bestehen vorwiegend aus Holz, von innen sind sie abschließbar. Die Übernachtungsgäste werden regelmäßig von der Caritas betreut. „Uns ist jeder einzelne Mensch wichtig“, betonte Franziska Vogel, Leiterin der Sozialabteilung.
Wohnraum ist knapp, vor allem für Bedürftige
Die Gründe, warum Menschen auf der Straße landen, sind vielschichtig. Oft haben sie ihr Schicksal nicht selbst verschuldet. Auch die astronomischen Preise auf dem Wohnungsmarkt lassen die Zahl der Wohnungslosen in Baden-Württemberg nach oben schießen. Experten sind sich einig: Bezahlbarer Wohnraum ist und bleibt das wirksamste Mittel gegen Wohnungslosigkeit, der schlimmsten Spielart der Armut.
Auch Nürnberg, Köln, Bonn und Berlin stellen mobile Schlafplätze
Mobile Mini-Unterkünfte können das Schlimmste verhindern: dass ein Mensch oder ein Teil seines Körpers erfriert, wie auch in Baden-Baden geschehen. Auf mobile Nester für Wohnsitzlose setzen mittlerweile verschiedene deutsche Städte: neben Ulm auch Nürnberg, Köln, Bonn und Berlin. Es könnten noch mehr werden!
Foto: ulmernest.de