Wo Demokratie einfach weggebusselt wird

08Mai
2019

Es liest sich wie ein Krimi – doch es handelt sich leider nicht um Fiktion: „Die Bussi-Bussi-Gesellschaft im Baden-Badener Rathaus“ ist Wirklichkeit – und der Titel des Buches, das gerade im goodnews 4 Baden-Baden Verlag erschienen ist. Autor Christian Frietsch, Herausgeber von goodnews4.de, der Online-Tageszeitung für Baden-Baden, präsentiert darin Berichte und Dokumente, die ein fragwürdiges Licht auf die derzeitige Stadtverwaltung werfen.

Wahrheit in Gefahr

„Der Blick dieses Buches richtet sich auf Baden-Baden und ist vielleicht auch ein Zustandsbericht für das Selbstverständnis von Kommunalpolitikern in Deutschland beim Umgang mit der Demokratie“, so der Journalist. Was er damit meint, erklärt er anschaulich an konkreten Mauscheleien, die er allesamt sauber belegt.

Kumpanei als Dauerbrenner

Seine Analyse der politischen Verhältnisse in unserer Stadt: „Politischer Wettbewerb und persönliche Distanz unter den verantwortlichen Kommunalpolitikern sind verlorengegangen und mündeten in eine gemeinsame Kumpanei.“ Küsschen hier und Küsschen da – klar, dass dabei eine gesunde Distanz zueinander verlorengeht. Es gibt Ausnahmen, die sich nicht aufs Bussi-Bussi einlassen – viele sind es nicht. Die Verhältnisse in Baden-Baden sind fragwürdig – das spürt der Leser sofort beim Lesen der zahlreichen Dokumente, die in dem 340 Seiten starken Taschenbuch enthalten sind.

Illegale Preisabsprachen, Korruption und mehr

Nach Recherchen von goodnews4.de, unter anderem im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe zur Sanierung des Baden-Badener Leopoldsplatzes, begannen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei ab September 2017 mit Ermittlungen wegen illegaler Preisabsprachen, Korruption, Umweltverbrechen und anderer Straftaten. Mit Interview-Boykotts, Anzeigen und Klagen hatten das Rathaus und Kommunalpolitiker bis dahin auf die kritische Berichterstattung der Online-Tageszeitung reagiert.

Reihenweise fehlerhafte eidesstattliche Erklärungen

Höhepunkt war ein Prozess vor dem Landgericht Baden-Baden, wo ein Stadtrat wegen seiner durch die Berichterstattung „verletzten Ehre“ klagte und 15 eidesstattliche Erklärungen von Stadtratskollegen vorlegte, die sich alle als fehlerhaft herausstellten. Nur drei Stadträte hatten sich enthalten.

Aufrüttelnde Dokumente

„Die Medien sind die Wachhunde der Demokratie“, schrieb die verantwortliche Richterin in der Begründung des Urteils. Neben diesem Urteil sind unter anderem die goodnews4-Berichte der letzten Jahre zur Leo-Affäre und auch Schriftwechsel mit Kommunalpolitikern und weitere Dokumente Bestandteil dieses Buches. Wirkung dieser fleißigen Arbeit: Sie rüttelt auf!

Die, die nicht busseln, sondern beißen, im Namen der Demokratie

Im Übrigen: Bei zwei der drei Stadträten, die sich vor dem Landgericht Baden-Baden erfolgreich gegen 15 Stadträte stellten und damit die Pressefreiheit schützten, handelt es sich um Martin Ernst und Prof. Dr. med. Heinrich Liesen von den Freien Bürgern für Baden-Baden (FBB). Die Dritte im ehrlichen Bunde war Astrid Sperling-Theis von den Grünen.