Parteienklüngelei

25Februar
2019

Uschi Beer, Generalsekretärin der FBB und treues Mitglied von Anfang an, macht in diesem Kommentar ihrem Ärger Luft. Es geht – um Parteiklüngelei

„Nun wird sich die Verwaltung fragen müssen, wie sie mit der Affäre rund um die Baufirma Weiss umgehen wird. Mit dem Handy von Senior Weiss wurden Gespräche mit Mitarbeitern der Verwaltung aufgezeichnet, auch Stadträte sind betroffen. Die Stadträte der FBB nicht. Sie gehören zur neuen Ära des Aufpassens, des Nachbohrens, der Transparenz seit März 2014. Sie fühlen sich tatsächlich nur dem Interesse der Bürger verpflichtet. 

Die etablierten Parteien versagen

In der Stadtverwaltung sind wir am Höhepunkt einer Verkettung von Ungereimtheiten angelangt, die meinen Glauben an die Arbeit der etablierten Parteien im Gemeinderat final erschüttert. 70 Jahre CDU-Vorherrschaft, oder Regentschaft, definiert sich so: Stellt die CDU den/die OB, dann bekommen sie den Bürgermeister für Bauen & Co., die zweitstärksten dann, lange die SPD, den für Soziales. Den stellen nun die Grünen, sie haben ja die SPD überholt. Ein Club nach festen Regeln führt die Regentschaft.  Ist das sinnvoll? Sollte nicht Kompetenz statt Parteibuch im Vordergrund stehen?

Klüngelei? Nein danke! 

Wird ein CDUler der Oberbürgermeisterin in die Parade fahren, seinen Baubürgermeister zerlegen im Namen der Bürger? Nein, natürlich nicht, wenn man aus dem gleichen „Club“ stammt. Frau OB Mergen (CDU) will aus der Zeitung erfahren haben, dass die Budgetierung der Leo-Baustelle um ein Vielfaches überschritten wurde. Aus der Zeitung? Kompetenz, Führungskraft, Verantwortlichkeit sieht anders aus! Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, werden schon wissen, wie Sie das einschätzen. Ex-Bürgermeister Hirth war derjenige, der uns das Trauerspiel um die Firma Weiss und den Leo eingebrockt hat. Oder ging es bei Entscheidungsträgern noch weiter? Wir wissen es nicht. Irgendwie drängt sich uns der Eindruck von Filz auf. Liebe Bürger, diese Zeiten sind vorbei! Im Zeitalter der modernen Medien sowieso, mit engagierten Bürgern schon gar nicht, die schauen nämlich hinter die Tür! Es muss offen zugehen, transparent, im Interesse der Bürger und ihrer Stadt. Kölscher Klüngel in Baden-Baden? Nein danke!

Fragwürdige Genehmigungen...

Es waren noch D-Mark Zeiten, dass ein (ehemaliger) CDU-Stadtrat angeblich sagte, für 100.000 Mark bekommen wir das hin mit der Genehmigung für ein Hotel an Standort x. Ob für ihn oder die CDU-Kasse weiß ich nicht. Die Projektgesellschaft baute dann doch kein Hotel in Baden-Baden. Widerspruch zwecklos, es ist Tatsache und jetzt schon lange her. Der Mantel der Verjährung hüllt es in Schweigen.

...gegenseitiges Schulterklopfen inklusive

Mein nächster Schocker, bezeugt und live dabei, wie Herr A. aus der Verwaltung, Stadtplanung, nach „erfolgreicher“ Bauausschusssitzung in einem Café auf Herrn J. trifft und Herrn A. an Herrn J. rapportiert, der das mit, ,na das haben wir doch gut hinbekommen’, kommentiert. 

Besagter Baumensch, Herr J., rund um Vincenti, GSE & Co., ist mittlerweile verstorben. Es gibt viele weitere Beispiele, die ich erlebte, und die meinen Glauben an das Parteiensystem erschütterten. 

Die Mauschelitis geht um

Kommentierungen, Vermutungen, Meckern ist bis heute allseits zwecklos, wenn man nicht handfeste, schriftliche, jetzt mündliche (!) Beweise hat, ich weiß ich weiß! Trotzdem haben viele Bürger schon lange das mulmige Gefühl, besonders, was die sogenannte Bau-Mauschelitis betrifft. System-immanent? Vielleicht, aber bitte nicht zum Schaden der Bürger. Mit nur vier FBB-Ratsvertretern können wir das nicht stoppen gegen die etablierten Mehrheiten.

Chancen für bezahlbaren Wohnraum vertan

Hätte die Verwaltung, die Stadt, das SWR-Gelände für um die 18 Millionen Euro gekauft – das wäre möglich gewesen – dann hätten wir dort die Chance gehabt, den für die Bürger passenden Wohnraum zu realisieren. Aber nein, ein Investor sollte es werden, fast fürs Doppelte. Die zweite Chance im Namen der Bürger ist weg. 

Chance eins war Vincenti-Gegend & Co. Leider wird schnell vergessen, verdrängt, totgeschwiegen. Was in der Sache alles lief, haben wir FBBler schon 2014 im Wahlkampf angeprangert. Ganz ganz furchtbar diese Geschichte: Gelände weg für bürgerfreundliche finanzierbare Wohnungen! Jetzt entsteht dort ein Luxuswohnpark. Und das Beste: die neue Baufibel erlaubt dort Flachdächer, schließt dieses Gebiet rechts der Scheibenstraße aus dem Schutzbereich aus. Warum wohl? Links von der Scheibenstraße dürfen nur noch Dächer a la Baden-Baden gebaut werden. Links so, aber rechts anders auf gleicher Höhe? Eine Veränderungssperre und gleiches Recht und Pflichten für Alle wäre angesagt. So wie ein Bauprojekt in der Zeppelinstraße. Rund um Vincenti haben wir eine Normenkontrollklage verdächtige Situation. Wer wird bevorteilt? Natürlich ein Ex-CDU Stadtrat und Architekt, der heute ein Projekt verwirklicht, entstanden mit GSE und Schützenhilfe der Verwaltung.

Null Bock – hilft aber nicht

Ich könnte manchmal heulen, was ich bei längerer Beobachtung der Lokalpolitik sehe, höre, erlebe. Ich kann total verstehen, wenn Bürger einfach keinen Bock darauf haben und nicht mehr wählen gehen. Das ist wirklich zu schade, denn wir brauchen mal einen Wechsel in unserem kleinen System Baden-Baden. Wenigstens um zu testen, ob es andere Verantwortliche nicht besser könnten. Wobei diese Bewertung nehme ich zurück. 

Vernünftig wirtschaften: Das wär’s 

Anders machen, das ist eleganter gesagt. Uns fehlen über 200.000 Euro in der Stadtkasse, weil die städtischen Bauverantwortlichen Geld bezahlt haben, um die Leoplatten zu testen. Wie bitte? Für solch einen teuren potentiellen Auftrag bezahlt man doch nicht, die Firma müsste die Platten umsonst hinlegen und hoffen, dass sie nach Testung den Auftrag bekommen. Schade, die über 200.000 könnten wir gut für die Kaugummientfernung auf den Platten brauchen. Es musste ja dieses Schachbrett werden, egal was andere wollten und anregten, besonders die FBB. 

Nicht an die Bürger und ihr Geld gedacht 

Ich war live dabei, wie Herr Bloedt-Werner (CDU) in der Ratssitzung knallhart meinte: Das (mit dem Schachbrett) haben wir 2014 alles geprüft und entschieden, dass müsse jetzt durchgezogen werden! Wieso eigentlich? Kann man nicht bis 2017/2018 anderer Meinung werden? Gut, bei Herrn Bloedt-Werner ist es vielleicht etwas anderes. Doch wenn jemand Test-Betonplatten mit über 200.000 Euro einkauft (Ex-Bürgermeister Hirth und seine Mitarbeiter), niemand aufschreit, dann aber das zu 100 Prozent ,durchgezogen’ werden muss, dann ist es doch verständlich, dass man sich an den Kopf fasst. Aber: Ist ja das Geld der Anderen, von uns Dummi-Bürgern, den Steuermelkkühen.

Aufreger Dieselbusse

Ach ja, zum Abschluss noch die Bus-Story. Wieso kauft Baden-Baden noch Dieselbusse in der bedrohlichen Zeit von Luftverschmutzung? Meines Wissens kürzlich zwei mindestens. Wiesbaden machte es vor, weg mit den Dreckschleudern, her mit kleinen E-Bussen und die Luft entwickelt sich wunderbar. Rund 2,5 Millionen Euro hätten wir dafür im Budget ohne Leo-Skandal und gekaufte Betontestplatten. Das nenne ich umschichten. Es findet im Kopf und im Herzen statt, für die Bürger und nicht für irgendwelche Profiteure. 

Ein Wandel muss her 

So gibt es reichlich Dinge, die meine Schocker sind – weshalb ich heute zur FBB gehöre. Ich wünsche uns Bürgern einen Wandel der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat und vor allem einen erfolgreichen Wahltag für die Bürger.

Herzlich Uschi Beer!“