„Über 70 Millionen Personalausgaben – ein Todesstoß für unsere Stadt“

15November
2019

Dienstagabend war es wieder soweit: Die Mitglieder und Freunde der FBB trafen sich zum zweiten Stammtisch nach der Wahl. Drei Stadträte sprachen über den Erfolg in der Sache Ludwig-Wilhelm-Platz, das Neue Schloss und den geplanten Haushalt.

„In den vergangen Wochen ist viel passiert“, begrüßte der Prof. Dr. med. Heinrich Liesen die Gäste. „Zur Sachen Ludwig-Wilhelm-Platz gab es eine Anhörung im Rathaus. Über 1.000 Unterschriften haben wir in einer Bürger-Initiative im Vorfeld gesammelt, wir haben unglaublich viel Unterstützung bekommen. Alle, die am Tisch saßen, selbst die Verantwortlichen der Stadt und GSE fanden unsere Idee, die Haltestellen für Busse, die dort geplant waren, am Festspielhaus zu platzieren, gut. Das war sehr erfolgreich.“ Liesen freute sich: „Wir waren fleißig in den vergangenen Monaten, haben viele Anträge gestellt. Wir haben heute weit größere Chancen, in den nächsten fünf Jahren etwas zu bewegen.“

Positives Zubewegen der Fraktionen auf die FBB

Dann sprach Martin Ernst, Geschäftsführer der FBB. Auch er hatte Positives zu berichten: „Die Wahrnehmung der FBB ist heute eine ganz andere: Viele wollen mit uns gemeinsame Sache machen. So haben wir in der Zwischenzeit einige interfraktionelle Anträge gestellt, zum Beispiel mit den Grünen in der Sache Neues Schloss, um nur ein Beispiel zu nennen.“ Auch ein Lichtentaler Thema hatte Martin Ernst im Gepäck: „Seit fünf Jahren ist die Seelachstraße halbseitig wegen einer Baustelle gesperrt.“ Ein russischer Investor hatte dort begonnen, ein Haus zu bauen – und brach das Vorhaben mitten in der Bauphase ab. Es gebe nun einen interfraktionellen Antrag, dass an der Baustelle endlich etwas passiert. Es soll einen neuen Käufer geben. Ernst: „Doch derjenige, der hier baut, muss erst einmal den Hang stabilisieren. „Wenn hier nichts passiert, muss das auf die Tagesordnung in der Stadtverwaltung kommen. Vor Februar wird hier aber sicher nichts passieren.“

Neues Schloss: Es kommt Bewegung in die Sache

Nächster Punkt war das Thema Neues Schloss. „Die Mehrheiten gegen die Bebauung des Parks sind jetzt da. Doch die OB will das Thema dieses Jahr nicht mehr im Gemeinderat besprechen, da im Dezember schon sehr viele Punkte auf der Tagesordnung stehen. Die kuwaitische Investorin wartet drauf, dass die Stadt ihren Plänen zustimmt, den im Schlosspark geplanten Neubau ausschließlich für Wohnungsbau nutzen zu können. Dafür wird sie keine Zustimmung bekommen“, so Martin Ernst, der seinerzeit die Initiative „Rettet das Neue Schloss“ gestartet hatte, aus der die FBB erwuchs. „In der kommenden Bauauschuss-Sitzung will sich Baubürgermeister Uhlig äußern, welche nächsten Schritte die Stadt gehen will.“

Martin Ernst: „Die Baden-Badener Bevölkerung muss in die Entscheidung, was mit dem Schloss geschieht, einbezogen werden. Wenn der Neubau im Garten wegfällt, kann die Investorin nur noch dort wohnen. Möglich, dass sie dann das Interesse am Neuen Schloss verliert.“ Und er insistierte: „Natürlich muss eine Nutzung kommen für das Neue Schloss, es ist das Stadtbild prägendste Gebäude. Unser bedeutendstes Objekt steht nutzungslos da. Es gibt mittlerweile offene Fenster, in die es reinregnet. Mauern, die einbrechen.“ Martin Ernst präsentierte eine Idee: „Die Stadt sollte sich überlegen, ob sie nicht zumindest für eine kurze Zeit selbst Eigentümerin werden will, um in Ruhe zu planen, wem wir das Neue Schloss künftig anvertrauen. Hier müssen alle Ideen einbezogen werden. Man sollte sorgsam auswählen, einen Ideenwettbewerb kreieren. Je früher wir zu diesem Punkt kommen, desto besser. Wir sind sehr zuversichtlich, dass dies im ersten Quartal 2020 angestoßen werden kann.“

Ludwig-Wilhelm-Platz: Erfolg dank gründlicher Recherche

Dann ergriff Wolfgang Niedermeyer das Wort. Und griff noch einmal das Thema Reisebushaltestellen-Verlagerung vom Ludwig-Wilhelm-Platz zum Festspielhaus auf. Niedermeier: „Es ist schon interessant, wie destruktiv in einigen Fraktionen reagiert wird, wenn man mit neuen Ideen kommt, uns wurden harsche Sätze an den Kopf geschleudert, wie: ,Ihr wollt ja nur den Misthaufen von der einen Stelle auf die andere verlagern.’ Sachkundig machen sich jedoch die wenigsten. Ich bin zum Robert-Schumann-Platz am Festspielhaus gegangen und habe geschaut, ob wir dort Wohnbürger stören würden. Und habe festgestellt, dass es dort nur Büros, Läden, Restaurants gibt – ganz anders ist es am Ludwig-Wilhelm-Platz, wo wir eine reine Wohngegend sowie einige Hotels haben. Deshalb meine ich, wir müssen unsere Ideen aktiv reintragen ins Politische. Ich bin gern bereit, Klinken zu putzen und Dinge zu erklären. Die Stadtverwaltung kann gern damit rechnen, dass die Bürgerinitiative wieder auftaucht, dann aber mit 5.000 Unterschriften.“

Zu hohe Personalausgaben

Dann kam er auf das Thema Haushalt und Personalbedarf zu sprechen. Im Dezember soll der Gemeinderat über den Doppelhaushalt 2020/21 abstimmen. Niedermeyer: „Es gibt eine Nachbarsstadt, größer als wir, die es schafft, ihr Personalbudget unter 50 Millionen Euro zu halten. Und das schafft sie mit einer Kernmannschaft von 441 Personen. Für eine Stadt mit 60.000 Einwohnern. Offenburg macht es besser als Baden-Baden. Im Haushalt haben wir in der Kernverwaltung 900 Leute, dazu kommen die Eigenbetriebe, das heißt, wir haben mindestens 1.500 Angestellt der Stadt, andere sprechen sogar von 1.800. Um eine Stadt mit knapp 55.000 Einwohnern zu managen. Wir müssen uns überlegen: Können wir uns das leisten, einen Großteil unserer Einnahmen für Personal auszugeben? Kann nicht eine gebündelte Kompetenz eines Kreises diese Aufgaben nicht viel besser wahrnehmen und können wir uns das auf Dauer leisten? Über 70 Millionen Personalausgaben ist eigentlich ein Todesstoß für solch eine Kommune wie die unsrige. Es werden nicht nur Stellen geschaffen, sondern die neuen Mitarbeiter brauchen auch einen Schreibtisch, einen Raum, der beheizt werden muss, einen Computer. Daraus ergibt sich ein Rattenschwanz von Folgekosten. Der vorgeschlagene Stellenplan ist nicht zielführend. Das Wohnhaus der GSE am Briegelacker, das für ein Bauvorhaben der Arvato geräumt wurde, wird jetzt abgerissen. Und die Stadt hat eine Arbeitsgruppe installiert, die nun überlegt, ob man hier ein Rathaus zwei baut.“

An dieser Stelle meldete sich ein Zuhörer zu Wort: „Man sollte mal an die

heilige Kuh der Ortsverwaltungen gehen. Hier könnte man Einiges an Personal einsparen. Dann werden auch Gebäudekapazitäten frei.“

„Den neuen Haushaltentwurf kritisch hinterfragen“

„Baden-Baden stellt sich als unglaublich interessante Stadt dar, wenn man die OB öffentlich reden hört“, betonte Niedermeyer mit seiner gewohnten feinen Ironie. „Doch statt teurer Gutachter sollte sie besser fähige Leute einkaufen für die Stadtverwaltung. Doch es heißt, Baden-Baden sei für Leute, die Karriere machen wollen, nicht interessant. Da fragt man sich doch warum.“

Fest steht: Der Haushalt und die Verteilung der Gelder ist ein heißes Eisen. 70 Millionen Euro Personalkosten sind den Stadträte der FBB auf Dauer zu viel. Martin Ernst: „Ich bin dafür, dass wir den jetzt vorgelegten Haushalt sehr kritisch hinterfragen. Der Verwaltungsapparat wächst ständig. Aber es wird keine Politik mehr gemacht.“

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