Stollen-Besichtigung und Stammtisch der FBB
17März
2023
Mit festem Schuhwerk und Taschenlampen ausgestattet trafen sich rund 40 FBB-Mitglieder sowie Gäste vor dem Stollen nahe der Villa Stroh am Leisberg. Dann ging es hinab in die Tiefe, um den ehemaligen Bunker zu besichtigen, bevor man in der Geroldsauer Mühle zum Stammtisch überging.
Ein Vor-Ort-Termin stand beim zweiten Stammtisch der FBB in diesem Jahr auf dem Programm. Helmut Oehler, Geschäftsführer der Stadtwerke, hatte sich auf Anfrage von Martin Ernst, Chef der FBB, bereit erklärt, Gäste in den Stollen zu führen. Normalerweise haben Bürger hier keinen Zutritt. Der Stollen ist seit Jahrzehnten im Besitz der Stadtwerke. Zuerst gab Oehler eine sorgfältige Sicherheitseinweisung. Dann ging es eine steile Treppe hinab in das Gewölbe, das einst als Bunker diente und um das sich viele Mythen ranken.
In der Tiefe herrschte Dunkelheit und Kälte
Der Stollen ist komplett leer. Ab 1950 wurde das Bunkerareal als Wasserreservoir ausgebaut, um die Trinkwasserversorgung der ländlichen Stadtteile zu verbessern. Im Zweiten Weltkrieg war der Leisbergbunker ein Gefechtsstand. Nach dem Krieg beschlagnahmten die Franzosen die benachbarte Villa Stroh, die eine Zeitlang von den Nationalsozialisten als Kommandozentrale genutzt wurde. Sie hatten vor, den Leisbergbunker zu sprengen. Doch diese Sprengung konnte von der Bevölkerung im letzten Moment verhindert werden.
Einkehr in der Geroldsauer Mühle
Nach der Besichtigung freuten sich die FBBler auf das Essen in der Geroldsauer Mühle. Nach dem Verzehr von Schnitzel, Ofenkartoffeln und Wurstsalat wandte sich Prof. Dr. Heinrich Liesen an die Gäste. „Liebe Freunde, liebe Gäste, erst einmal einen herzlichen Dank an Herrn Oehler und an Martin, der diese Besichtigung organisiert hat.“
Die Aufarbeitung der Vergangenheit steht aus
Dann nahm er Bezug auf die Nazi-Zeit in Baden-Baden. Denn sowohl der Stollen als auch die Villa Stroh sind von dieser Epoche belastet: „Ich denke, die Stadt Baden-Baden sollte endlich damit beginnen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Es ist erstaunlich, dass kaum einer von uns weiß, welche Geschichte dieser Stollen hat. Es heißt, er soll gebaut worden sein als Fluchtkeller für Adolf Hitler. Im Grundbuch soll gestanden haben, dass ihn kein Mensch betreten durfte. Ich dachte eigentlich, der Stollen sei verkauft worden an die Villa Stroh. Das habe ich heute anders vernommen. Es gibt vieles aus der NS-Zeit, was in unserer Stadt noch nicht aufgearbeitet worden ist. Frau Mergen hat sich in ihrer Zeit als Oberbürgermeisterin aus meiner Sicht auch nicht ausreichend um ein Grundstück für eine Synagoge bemüht. Es wird höchste Zeit, dass wir uns auch mit der problematischen Vergangenheit dieser Stadt auseinandersetzen.“
Einladung zur Feier der Baumspende
Dann lud der Professor die Gäste für die kommende Woche in die Lichtentaler Straße ein. Denn dort werden am Montag um 15 Uhr auf Höhe des Schlüsselgeschäfts auf der Ecke vier Bäume mit Schildern versehen und dem Hinweis, dass sie von der FBB gestiftet wurden (FOKUS Baden-Baden berichtete). Für dieses Thema gab es großen Applaus. „Wir haben mittlerweile ein gutes Standing in der Stadt. Die Bürger vertrauen uns und sehen, dass wir versuchen, ihnen zu helfen“, freute sich Heinrich Liesen.
Schuldenbremse für die Stadt
Dann übernahm Martin Ernst das Wort. Ein Thema, das der FBB Sorgen bereitet, ist die Finanzierung des geplanten Großklinikums auch durch die Stadtkasse. Die ist nämlich leer. Für den erfahrenen Kaufmann Martin Ernst ist klar: Die Stadt kann kein Großklinikum bezahlen. Deshalb plädiere die FBB für eine Schuldenbremse. Dafür hat die Wählerinitiative bereits Ende 2022 einen Antrag gestellt. Martin Ernst: „Wir haben in der Stadt zusammen mit der Tochtergesellschaft Stadtwerke Baden-Baden einen Schuldenstand von rund 200 Millionen Euro. Der Klinikneubau war einmal mit knapp 400 Millionen Euro kalkuliert, doch jedem ist klar, dass er viel teurer werden wird. Unsere Stadt macht sich zahlungsunfähig, wenn das so weitergeht.“ Und er fügte hinzu: „Für den gesamten Schuldenstand, den wir heute haben, ist die CDU mitverantwortlich. Sie war über Jahrzehnte die Partei, die das Sagen hatte.“
Ein OB, der oft fehlt
Thema war auch die überschaubare Präsenz des Oberbürgermeisters bei wichtigen Sitzungen. Martin Ernst: „Wir wollten Margret Mergen nicht mehr und sind auch froh, dass sie nicht mehr an der Stadtspitze steht. Doch man muss sagen: Sie war immer da, fehlte in keiner Sitzung des Ältesten- oder Gemeinderats. Der neue OB Späth hingegen lässt sich bei diesen für die Stadtentwicklung sehr wichtigen Sitzungen oft vertreten. Wir sind sehr gespannt, wie sich das weiterentwickelt.“
Im Anschluss entspann sich eine Diskussion
Auch der Leerstand in der Innenstadt war Thema. Viele Gäste beklagten diesen. Einhellige Meinung: Die Mieten sind zu hoch, der Handel kämpft gegen Windmühlen. Hier fehlt es klar an Konzepten, um diesem Negativtrend Einhalt zu gebieten. Dankbar ist die FBB, dass die Modehäuser Wagener da sind – und es hoffentlich auch bleiben.
Zum Schluss wünschte Martin Ernst den Gästen noch einen schönen Abend. Er klang gesellig bei Mühlenbier, Apfelsaft und Grauburgunder aus.
Fotos: FBB-Archiv