Finanzspritze fürs Klinikum: FBB sagt Nein

29Februar
2024

Großer Aufruhr in der Gemeinderatssitzung vom vergangenen Montag, 26.02.2024. Der Tagesordnungspunkt 7 sah vor, das Klinikum Mittelbaden finanziell weiter zu unterstützen. Die FBB lehnte dies ab – und wurde beschimpft.

Und tatsächlich bekommt das Klinikum Mittelbaden nun sieben Millionen Euro von den Baden-Badener Steuerzahlern. Der Gemeinderat stimmte am Montag mehrheitlich dafür.

Das Vertrauen ist dahin

Dass die FBB dagegen war, hat gute Gründe, die auf Erfahrungen und Fleißarbeit basieren. Wolfgang Niedermeyer, Stadtrat der FBB, hat in seinem Erwerbsleben als Architekt Krankenhäuser geplant und gebaut. Er hat sich in den letzten Monaten sehr intensiv auch mit der Finanzlage des Klinikums gelesen und Akten studiert. Sein Urteil wiegt schwer, doch es war wohl überlegt, als er am Montag aussprach, was viele insgeheim vielleicht dachten: „Nach sorgfältigem Durcharbeiten und Abwägen der Vorlage muss ich heute unumwunden erklären: Die Professionalität und das Agieren der Geschäftsleitung hat mein Vertrauen nicht mehr.“ Auch die Anwesenheit der Klinikum-Geschäftsführer Thomas Iber und Daniel Herke hielt Niedermeyer nicht davon ab, klare Worte zu sprechen. Das saß!

Beschimpfung durch einen CDU-Stadtrat

Heinz Gehri, Stadtrat der CDU, reagierte mit groben Worten auf die Ausführungen des FBB-Kollegen: „Was ist denn das für ein Dreck“, rief er dazwischen – ohne dafür gerügt zu werden. Was er nicht weiß: Wolfgang Niedermeyer arbeitet sich gründlich auch durch dicke Sitzungsvorlagen. Unbeirrt trug er seinen Standpunkt vor:

Keine gute Prognose

„Das Lavieren mit Annahmen, Organisationsänderungen, Abrechnungshoffnungen und Ablaufänderungen, die wir im letzten Jahr als Aufbruch in ein besseres Fahrwasser vorgesetzt bekommen haben, ist durch die Sonderprüfung in großen Teilen relativiert, zurechtgerückt und als wenig wirksam aufgedeckt worden.“ Darauf spielte er auf ein externes Gutachten des Wirtschaftsprüfers BW in Stuttgart an, der die Finanzlage des Klinikums unter die Lupe nahm – und ihm keine gute Zukunftsprognose attestiert hatte. Niedermeyer konterte: „Aber die Gewährsträger, die sollen für alles einstehen, denn bei den Banken gibt es längst keinen Kredit mehr.“

„Kein gutes Geld schlechtem hinterherwerfen“

Wer Wolfgang Niedermeyer kennt, weiß, dass er ein Mensch ist, der auf Fleißarbeit, Fakten und Zahlen setzt – er ist einer, der wirtschaften kann. Und so überrascht seine Kritik an der Finanzspritze nicht: „Im Geschäftsleben gehört das Prinzip Hoffnung gerade nicht zu den Tugenden eines ehrbaren Kaufmanns. Hier gilt die Erfahrung: Man soll kein gutes Geld schlechtem hinterherwerfen; aber auf diesen Weg wollen sie uns schicken, Herr OB Späth. Wir Freien Bürger bekennen uns ausdrücklich zu einer möglichst optimalen Gesundheitsversorgung für unsere Bürger hier in Baden-Baden und im Landkreis. Dazu gehört ein professionelles, erfolgreiches Management-Team.“

Die Pro-Kopf-Verschuldung der Baden-Badener steigt

Mehr als ärgerlich für Niedermeyer sind die immer wieder neuen Geldforderungen: „Derweil werden uns seit Jahren Zusatzlasten aufgebürdet. Das Geld unserer Steuer zahlenden Bürger ist kein Spielgeld. Der geforderte Investitionszuschuss von vier Millionen Euro für das Klinikum, der unserem Investitionshaushalt bitter fehlt, führt übrigens zu einer Belastung für jeden unserer Bürger von knapp 70 Euro, für einen Bürger in Rastatt und im Landkreis sind es aber nur 25 Euro. Wen wundert’s, dass die Pro-Kopf-Verschuldung in Rastatt nur 1.784 Euro, aber bei uns 4.603 Euro beträgt, das nur so nebenbei. Hier in der öffentlichen Sitzung sehen wir nur die Spitze des Eisbergs, der gefährliche Teil, an dem schon die Titanic zerschellte, der wird in nichtöffentlichen Sitzungen behandelt.“

Keine Zustimmung der FBB

Deshalb fiel die Entscheidung der FBB ganz klar gegen die Geldspritze aus. „Unsere Meinung zur Zukunft einer erfolgreicheren Betriebsführung des Klinikums ist hier im Rat und in der Stadt bekannt. Wir fühlen uns, nach intensiver Beschäftigung mit dieser Vorlage, in unserer Auffassung bestärkt. Wir Freie Bürger für Baden-Baden können nicht zustimmen.“

Dennoch erhält die Klinik die Millionen
Da die Mehrheit im Gemeinderat für die Geldspritze stimmte, wird die Verwaltung nun beauftragt, „einen Abschlag von 3 Millionen Euro auf den Verlustausgleich des Jahres 2023 an die Klinikum Mittelbaden gGmbH zu leisten.“ Weiterhin gibt es einen Investitionskostenzuschuss in Höhe von 4 Millionen Euro.

Hintergrund-Info

Bis die Krankenhausreform in Kraft tritt – wenn sie in Kraft tritt – wird in den Krankenhäusern nach Fallpauschale abgerechnet. Diese Abrechnungsform wird vielfach kritisiert, allen voran von Ärzten und Pflegepersonal. Bis zum Sommer soll nun ein Gesetzesvorwurf zur Krankenhausreform kommen. Die künftige Finanzierung der Krankenhäuser soll darin geregelt werden. Aktuell sind viele Kliniken in der gesamten Bundesrepublik von Schließungen bedroht. Die Fallpauschale soll durch eine Vorhaltepauschale ersetzt werden. Somit würde eine Klinik nicht mehr durch die Anzahl der behandelten Patienten Geld erhalten, sondern für das Bereitstellen von Leistungen.

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Foto: FBB Archiv