„Ein Bürgermeister sollte Visionär sein“

08Oktober
2021

Am 13. März 2022 wird in Baden-Baden ein neuer Bürgermeister gewählt. Die aktuelle Amtsinhaberin, OB Margret Mergen, kandidiert für eine zweite Amtszeit. Doch hat sie Chancen? Was macht einen guten Bürgermeister überhaupt aus? Eine Spurensuche von Cornelia Mangelsdorf.

Am 9. Juni 2022 wird die Amtszeit von OB Mergen enden – es sei denn, sie wird wiedergewählt. Noch hört man nicht viel von weiteren Bewerbern – doch es gibt sie. FOKUS Baden-Baden wurde bereits der Name eines potenziellen Bewerbers zugetragen.

Anfang Dezember soll die Stelle des Oberbürgermeisters nun ausgeschrieben werden. Bis Montag,14. Februar 2022 dürfen sich Berufene bewerben. Dann wird es spannend – sofern die Kandidaten spannend sind!

Ein bemerkenswerter Bürgermeister am Rhein

Daniel Zimmermann wurde mit 27 Jahren einer der jüngsten Bürgermeister Deutschlands: in Monheim am Rhein. Eigentlich wollte er Lehrer werden, sein Pädagogikstudium hat er noch beendet. Mittlerweile „regiert“ Zimmermann als Bürgermeister schon in der dritten Amtszeit. Und das mit großem Zuspruch: Bei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 wurde er mit 94,6 Prozent der Stimmen und damit dem prozentual höchsten Ergebnis aller Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in NRW im Amt bestätigt.

Zimmermann ist ein Selfmade-Politiker

Eine Verwaltungsschule hat er nie besucht – wohl aber Schlagzeilen gemacht mit seinem politischen Engagement: Zimmermann gründete bereits mit 16 Jahren eine Partei namens PETO, gemeinsam mit Mitschülern. PETO hat einen kometenhaften Aufstieg hingelegt, schaffte es auf Anhieb in den Stadtrat. „PETO“ ist lateinisch und bedeutet „ich fordere“. Der Name ist Programm: Die PETO-Fraktion, hinter der knapp 500 größtenteils junge Menschen aus Monheim stehen, verfügen seit 2014 über die absolute Mehrheit, zunächst mit einem Wahlergebnis von 65,6 Prozent und 26 Ratsmitgliedern, seit 2020 mit einem Wahlergebnis von 56,8 Prozent und 23 Sitzen im Stadtrat, der insgesamt aus 40 Mitgliedern besteht.

Kinderfreundliche Stadt sein – das hat Prio

Auf der Liste der politischen Entscheidungen von PETO standen der massive Ausbau der Kinder- und Familienfreundlichkeit Monheims, der Erhalt von Sportplätzen und Jugendeinrichtungen, aber auch die Förderung von Kultur, Inklusion, Begegnung und eine äußerst erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Mittendrin: ein fleißiger Bürgermeister.

„Angetrieben hat mich nicht die Aussicht auf eine politische Karriere, sondern große Lust, Monheim weiterzuentwickeln. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, in dieser Position richtig zu sein“, sagt er. „Ein Bürgermeister muss auch Visionär sein und Themen langfristig entwickeln. Wichtig sind mir Integration und Inklusion, Bildung und Wirtschaftsförderung, aber auch neue Arbeitsplätze zu schaffen und den Tourismus zu fördern sind zentrale Punkte.“

Ein Amt, das viel Einsatz abverlangt

Seine Arbeitswoche hat 60 bis 70 Stunden. Der Arbeitstag beginnt morgens um neun Uhr und endet oft spätabends. Doch das schreckt den PETO-Mann nicht: Er macht seinen Job mit Herzblut.

Eine Rarität: die (Ober)Bürgermeisterin

Zurück nach Baden-Württemberg: Dort werden fast ausschließlich gelernte Verwaltungsfachleute in das Amt des Bürgermeisters gewählt. Frauen stellen sich nach wie vor selten zur Wahl. Unter den mehr als 1.000 hauptamtlichen Bürgermeistern des Landes waren Mitte 2021 nur 90 Frauen, darunter sieben Oberbürgermeisterinnen. Gemessen an der Gesamtzahl der Bürgermeister im Land sind das gerade einmal 8,1 Prozent, so die Landeszentrale für politische Bildung.

Wer darf Bürgermeister werden?

Das Amt des Bürgermeisters steht jedem Deutschen oder EU-Ausländer ab dem vollendeten 25. Lebensjahr offen. Die Altersgrenze wurde auf 73 Jahre angehoben: Wer mit 65 gewählt wird, kann eine ganze Amtsperiode zu Ende führen. Wählbar ist man jetzt bis zur Vollendung des 68. Lebensjahrs. Eine bestimmte Qualifikation ist nicht vorgeschrieben, doch handelt es sich häufig um gelernte Verwaltungsfachleute. Das Beispiel von Daniel Zimmermann zeigt aber: Viele Wege führen ins Bürgermeisteramt. Neue Zeiten brauchen vor allem eins: mutige und nicht festgefahrene Visionäre.

Fotos: Ben Becher