„Diese Flickschusterei muss aufhören“

11Februar
2022

Am vergangenen Dienstag fand der erste Stammtisch der FBB in diesem Jahr statt. Erstmals nach Monaten trafen sich Mitglieder, Gemeinderäte, Freunde und Gäste. Hauptgast des Abends war OB-Kandidatin Bettina Morlok, die sich mit ihren Zielen für Baden-Baden präsentierte.

Heinrich Liesen begrüßte die rund 40 Gäste: „Ich freue mich, dass wir heute Abend zusammen sein können und dass wir viele nach langer Zeit wiedersehen. Corona hat uns wirklich gebeutelt, weil wir uns nicht sehen und austauschen konnten. Manches haben Sie ja im FOKUS lesen können oder auch im BT oder in den BNN, die uns zumindest neutral annehmen mittlerweile.

Kritik an OB Mergen

Wir haben in dieser Zeit viel gemacht, darüber könnten wir lange reden, doch das tun wir heute nicht. Unser Thema heute ist: Wer soll neuer Oberbürgermeister werden?“ Seine Worte für die noch amtierende OB Margret Mergen fielen nicht sehr positiv aus: „Sie hat die Stadt heruntergewirtschaftet.“

Ehrengast Bettina Morlok

Martin Ernst ergriff das Wort und begrüßte diverse Gäste aus der Gastronomie und auch von den Freien Wählern. „Wir erleben nun zum ersten Mal eine OB-Wahl als Fraktionsmitglieder“, freute er sich. Und stellte den Hauptgast des Abends vor: OB-Kandidatin Bettina Morlok.

Powerfrau mit Wirtschaftserfahrung

Dass die 59-jährige Baden-Badenerin es gewohnt ist, sicher aufzutreten, merkte man sofort. Gleichzeitig wirkte sie nahbar und keine Spur überheblich – eher wie jemand, der mit beiden Beinen fest auf der Erde steht. „Vermutlich wollen Sie erst einmal privat etwas von mir erfahren“, eröffnete sie ihre Vorstellung. „Ich bin 59 Jahre alt, verheiratet mit dem Architekten Oliver Altrieth und habe eine 21-jährige Tochter. Ich wohne seit 20 Jahren in Baden-Baden, komme ursprünglich aus Durlach und kenne als Badenerin die Region sehr gut.“ Dann benannte sie ihre beruflichen Stationen und es wurde schnell klar, dass sie viel gesehen hat. Die Diplom-Betriebswirtin arbeitet seit Jahrzehnten im Top-Management. Aktuell ist sie in der Strombranche tätig und betreut nach eigenen Aussagen das größte Stromprojekt Europas. Zuvor war Bettina Morlok für eine Ingenieur-AG in Berlin tätig, die unter anderem Krankenhäuser baut. Weitere Stationen in ihrer Vita waren die Badenwerk AG, FlowWaste und die Südwestdeutsche Stromhandels GmbH in Tübingen. „Ich habe international gearbeitet, auch im arabischen Raum und in Südamerika, bin der englischen und französischen Sprache mächtig.“

Eine Baden-Badenerin, die ihre Stadt liebt

Und sie betonte: „Wenn ich von meinen Dienstreisen zurückgekommen bin und an der Trinkhalle vorbeifuhr, sagte ich mir immer: Was ist Baden-Baden doch für eine schöne Stadt. Doch man könnte mehr daraus mache. Ich vermisse hier zum Beispiel Gewerbehöfe, so wie es sie in Berlin gibt. Die Neubauten hier werden einfach in die Landschaft gesetzt. Da geht mehr.“ Deshalb habe sie sich entschieden, für die OB-Wahl zu kandidieren und nach erfolgreicher Wahl ihren Job in der Wirtschaft aufzugeben. Bettina Morlok: „Es wird vieles schlechter in Baden-Baden, da ist viel Flickschusterei. Das möchte ich ändern.“

Erstmal mit den Bürgern sprechen

In ihrer Herangehensweise, Themen zu bearbeiten, zeichnete sich ein Unterschied zu anderen Kandidaten ab: „Ich glaube nicht, dass allein das Wahlprogramm zählt. Ich möchte nicht einfach mein Programm umsetzen, sondern hören, was die Bürger wollen und dies dann umsetzen. Dazu gehört auch ein geordneter Haushalt. Wir müssen sparen. Doch Sparen heißt nicht gleich Qualitätsverlust“, betonte Bettina Morlok.

Fragerunde

Im Anschluss hatten die Gäste die Möglichkeit, Fragen an die OB-Kandidatin zu stellen. So wurde sie nach ihren Visionen für die Stadt gefragt. Ihre Antwort: „Auf der einen Seite müssen wir das Stadtbild/Welterbe weiterentwickeln und auf der anderen Seite den Einzelhandel beleben und wir schöne Veranstaltungen hierherholen – das fördert dann auch den Umsatz. Dann gibt es das Thema Verkehr, den wir neu organisieren müssen. Fürs Wohnen der Familien müssen wir was tun. Das muss bezahlbar werden. Es geht nicht, nur für Familien zu bauen, die viel Geld haben. Weiteres wichtiges Thema ist, dass wir die Dörfer Baden-Badens stärker beachten.“

Das Tourismusprofil der Stadt schärfen

Und wie steht die Kandidatin zum Thema Tourismus? „Dieser hat einen sehr hohen Stellenwert in Baden-Baden. Doch wir haben unseren Ruf verloren als Top-Location, da gehen jetzt viele Gäste nach Bayern. Wir dürfen aber nicht nur den Reichen etwas bieten, sondern auch der Mittelschicht. Wir müssen unser Profil schärfen, wir sind eine Bäderstadt, das müssen wir stärker herausarbeiten.“

Keine Windräder in Baden-Baden

Auch ihre Haltung zum Thema Windkrafträder wurde erfragt. Morlok ließ keinen Zweifel darüber, dass erneuerbare Energien Sinn machen, aber nicht überall: „Mit mir wird es keine Windräder um Baden-Baden geben. Das hat viele Gründe, es geht dabei nicht nur darum, die Landschaft zu bewahren. Denn es geht hierbei auch um regenerative Energie, die hin- und hergeschoben wird und die wir teuer bezahlen. Wir müssen einen Weg finden, die Energie bei uns zu speichern und für vernünftiges Geld anzubieten. Wir müssen uns mit den Stadtwerken unterhalten, damit für die Verbraucher vernünftige Preise angeboten werden können. Über solche Themen will ich mich mit denen unterhalten. Die Stadtwerke machen Verluste – es gibt aber kaum Stadtwerke, die ein Minus schreiben. Wir müssen uns genau anschauen, warum.“

Frischer Wind durch einen Wechsel im Rathaus

Zum Ende ergriffen einige Gäste das Wort und betonten, wie wichtig es sei, die Kultur in Baden-Baden zu stärken und weiterzuentwickeln. Martin Ernst schloss den offiziellen Teil des Abends mit klaren Worten: „OB Mergen hat der Stadt nichts gebracht. Und seit 30 Jahren entwickelt sich die Stadt nach unten. Doch ich bin mir sicher, dass wir jetzt eine Chance haben, dass neuer Wind in die Stadtverwaltung kommt.“

Fotos: FBB-Archiv