„Der zukünftige Bürgermeister wird einen riesigen Berg Arbeit vorfinden“
25März
2022
Am Sonntag wird die neue Rathausspitze gewählt. Wie schätzt FBB-Chef Martin Ernst die jeweiligen Chancen ein? Ein Interview.
Herr Ernst, am 27. März wird nun ein neuer Oberbürgermeister in Baden-Baden gewählt. Vielleicht wird es auch eine Frau. Beim ersten Wahldurchgang konnte sich noch kein Kandidat mit einer Mehrheit durchsetzen. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation nun vor der erneuten Wahl?
Martin Ernst: „Dass sich der unabhängige Kandidat Dietmar Späth durchsetzen wird, zeigte sich schon in den zwei Wochen vor der ersten Wahl. Ihm standen scheinbar unbegrenzte Finanzmittel zur Verfügung. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er auch trotz der gegen ihn inszenierten Schlammschlacht als Sieger aus dem zweiten Wahlgang hervorgehen und der zukünftige Oberbürgermeister werden.“
Vier von acht Kandidaten haben nun die Flinte ins Korn geworfen, eine neue Kandidatin – Bea Böhlen – wollte kurzfristig auch noch antreten, zog dann aber doch wieder zurück. Was wirft das für ein Bild auf diese Wahl und auf unsere Stadt?
Martin Ernst: „Der erste Wahldurchgang hat gezeigt, dass sich nicht nur die beiden Bürgermeister und die Fraktionen, sondern auch die Bürger einen Wechsel an der Rathausspitze wünschen. Für mich war nicht überraschend, dass die amtierende Oberbürgermeisterin Margret Mergen lediglich bei knapp 25 Prozent landete. Deswegen war es nur konsequent von ihr, zum zweiten Wahlgang nicht mehr anzutreten. Diese Entscheidung verdient meinen vollen Respekt.
Das Hickhack mit und von Bea Böhlen ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten, schadet dem politischen System und fördert noch weiter die Politik- und Parteiverdrossenheit. Scheinbar sind die politischen Parteien bereit, für den Machterhalt fast jede Schweinerei zu machen. Was sich ein Kandidat während dem Wahlkampf anhören muss, was gezielt an Falschinformationen verbreitet wird, ist unterste Schublade und sorgt dafür, dass in der Zukunft sich noch weniger geeignete Bewerber diesem Auswahlprozess stellen.“
Wer, glauben Sie, hat Chancen, OB zu werden?
Martin Ernst: „Die ,grünen Querschüsse‘ waren sicherlich nicht zum Vorteil für Roland Kaiser, dem Kandidaten von Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist das Rennen für den Muggensturmer Bürgermeister Dietmar Späth gelaufen. Bettina Morlock hat auf jeden Fall Außenseiterchancen. Sie wäre sicherlich eine ausgezeichnete Oberbürgermeisterin.“
Bekommen wir Ihrer Meinung nach damit eine Erneuerung der Stadt hin? Wir sind Welterbe, wir haben Schulden – zu tun gibt es ja eine Menge!
Martin Ernst: „Der zukünftige Bürgermeister wird einen riesigen Berg an Arbeit vorfinden. Wir haben Sanierungsstau an allen Ecken und Enden und eine große Menge an ungelösten Sachthemen.“
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten ersten Aufgaben, die sich der neue Mann oder die neue Frau an der Spitze stellen muss?
Martin Ernst: „Er oder sie muss die Stadtverwaltung und insbesondere den Gemeinderat befrieden und die tiefen Gräben zwischen den einzelnen Fraktionen zuschütten. Nur mit einem konstruktiven Gemeinderat kann auch der Oberbürgermeister Konstruktives leisten. Wir von der FBB sind dazu bereit und freuen uns heute schon, den zukünftigen Bürgermeister mit unseren Strukturen für ein besseres Baden-Baden unterstützen zu können.“
Foto: Ben Becher