Damit brechen die Erwartungen, dass wir uns für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt einsetzen“

03Dezember
2019

Eine Mehrheit hat sich am 25. November im Gemeinderat für die Aufstellung des Bebauungsplans Service-Apartments Rheinstraße 195 ausgesprochen. Hier plant die Firma Weisenburger zwei Gebäude mit 140 Wohnungen, für zeitlich befristetes Wohnen von Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen. Markus Fricke, Stadtrat der FBB, hat dieses Vorhaben kritisiert. Im Interview legt er dar, warum.

Herr Fricke, es klingt nach einer guten Sache, wenn für Menschen, die sich keine kostspieligen Wohnungen leisten können, preiswerte Apartments gebaut werden. Warum kritisieren Sie das?

Markus Fricke: „Im Zentrum unserer Überlegungen muss doch stehen, Fehlentwicklungen zu vermeiden. Vordergründig geht es um die Frage, was gebaut wird. Entscheidend ist, wie der Bau langfristig genutzt werden wird. Und hier versucht man, Verwaltung und Gemeinderat Sand in die Augen zu streuen. Dies ist beileibe keine Unredlichkeit, ich betone es. Hintergrund ist, Genehmigungsfähigkeit herbeizuschreiben. Denn ein reines Wohnen ist wegen der Nähe des Gewerbebetriebs nicht zulässig. Also werden Service-Apartments für Berufstätige aufgezeigt, für Personen, die nicht langfristig ihren Lebensmittelpunkt nach Baden-Baden verlegen. Diesen soll Angabe gemäß preisgünstiges Wohnen ermöglicht werden. Das Gegenteil wird der Fall sein. Wir werden eine Konkurrenz zum bestehenden Übernachtungsgewerbe bekommen und der Leidensdruck auf den ohnehin schlechten Wohnungsmarkt wird sich erhöhen.“

Woraus schließen Sie das?

Markus Fricke: „Geplant sind 130 Apartments mit insgesamt brutto 5.815 Quadratmetern. Im Ergebnis bedeutet dies im Schnitt eine Wohnungsgröße von gut 40 Quadratmetern Fläche, der Mittelwert beträgt knapp 45 Quadratmeter. Mündlich vorgetragen wurde an anderer Stelle eine Warmmiete von 350 Euro monatlich. Zieht man die Nebenkosten mit nur 50 Euro heraus, bleiben 300 Euro für 45 Quadratmeter oder 6,66 Euro pro Quadratmeter. Das ist weniger, als das Sozialamt zahlt. Auf das Jahr gerechnet bedeutet dies 80 Euro je Quadratmeter. Bei einer angestrebten moderaten Verzinsung von nur vier Prozent heißt dies, der Quadratmeter dürfte nur 2.000 Euro im Verkauf an den Anleger kosten. Spätestens jetzt geht ein Licht auf. Denn Firma Weisenburger würde bei dieser Planung drauflegen.“

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Markus Fricke: „Firma Weisenburger hat auch im Bauausschuss auf ein  erfolgreiches Projekt in Heilbronn hingewiesen. Was dort funktioniere, funktioniere auch in Baden-Baden. Aber: Der ,Heilbronner Stimme’ vom 22. September 2017 war zu entnehmen, ich zitiere: ,Niederlassungsleiter Daniel Fischer möchte mit den Bauarbeiten Mitte 2019 fertig sein. Die Wohnungen sollen an Einzelinvestoren verkauft werden. Ein externer Partner soll die späteren Eigentümer betreuen. Wer ein Mikro-Apartment als Kapitalanlage kaufe, wolle sich um nichts kümmern. Daniel Fischer rechnet mit einem Quadratmeterpreis zwischen 4.000 und 4.500 Euro.’

Wenn Firma Weisenburger in der Rheinstraße etwas verdienen will, wird sie auf 4000 Euro pro Quadratmeter gehen müssen. Für Kaufinteressenten bedeutet dies bei 40 Quadratmetern und 4.000 Euro pro Quadratmeter ein Kaufpreis von 160.000 Euro zuzüglich Nebenkosten von rund 10.000 Euro. Bei einer Rendite von nur vier Prozent wären dies 6.800 Euro im Jahr, die erzielt werden müssten. Das bedeutet dann allerdings 570 Euro Kaltmiete und nicht, wie behauptet, 300 Euro.“

Was passiert Ihrer Meinung nach, wenn das Projekt realisiert wird?

Markus Fricke: „Ein Schandfleck wird beseitigt. Die Erwerber werden im Interesse der angestrebten Rendite und Gewinn-Maximierung an den vermieten, der am meisten zahlt. Das Ganze möglichst ohne die Hemmnisse des Wohnraum-Mietrechts, also befristete Kurzzeitvermietungen. Neudeutsch sagt man dazu Airbnb.“

Welche Haken sehen Sie noch?

Markus Fricke: „Dass ein Drittel der notwendigen Stellplätze fehlen werden, wir reden also von etwa 30 Stellplätzen, tut ein Übriges. Die Parkplatzsituation ist heute schon prekär.“

Ihr Resümee?

Markus Fricke: „Mit einem solchen meines Erachtens geradezu sicheren Ergebnis erweisen wir den Einwohnern von Baden-Baden einen Bärendienst und brechen die Erwartungen aus dem Wahlkampf, der Gemeinderat werde sich für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt einsetzen.“

Foto: FBB-Archiv