Aufsichtsratsmandat im Klinikum: Der Professor steigt aus

13November
2023

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Prof. Dr. Heinrich Liesen, Stadtrat der FBB und Medizinprofessor im Ruhestand, legt sein Mandat als Aufsichtsratsmitglied des Klinikums Mittelbaden nieder. Dies erklärte er am Montag in einer eigens einberufenen Pressekonferenz.

Der Presse legte er dar, was er in seinem Schreiben an Oberbürgermeister Dietmar Späth sowie an den Landrat Prof. Dr. Christian Dusch in Rastatt bereits formuliert hatte. Die Begründung von Heinrich Liesen für seinen Rücktritt ist schonungslos:
„Die medizinische und wirtschaftliche Entwicklung des KMB unter der Obhut des Aufsichtsrats KMB kann ich nicht mehr mittragen, betrachte ich als unverantwortlich.

„Nie den Patienten in den Mittelpunkt gestellt“

Der Aufsichtsrat hat sowohl in der Diskussion um das Neue Klinikum, als auch um die aktuelle bestmögliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger nie den Patienten in den Mittelpunkt gestellt. Das zeigt sich jetzt“, so Heinrich Liesen.

Das Großklinikum – überhaupt realisierbar?

Im Schreiben an die Politiker mahnte er: „Aus Ihrer Erfahrung hätten auch Sie als Leiter des Aufsichtsrates längst erkennen müssen, dass mit der aktuellen medizinischen und wirtschaftlichen Geschäftsführung das Neue Klinikum nicht zu realisieren ist. Ich frage mich, weshalb Sie eine Diskussion mit einem privaten Betreiber nicht zugelassen haben? Oder zumindest externe Kompetenz für das Management des KMB zu einem attraktiven vorbildlichen Krankenhaus vorzuschlagen und zu organisieren. Es stellt sich doch die Frage, kann das zukünftige Zentralkrankenhaus von einem desolaten, heruntergewirtschafteten KMB erfolgreich betrieben werden?

KMB vor der Insolvenz

Wegen der defizitären Finanzierung durch die sogenannte Fallpauschalen, des Missmanagements, das der Aufsichtsrat über viele Jahre geduldet hat und wegen des bereits über Jahrzehnte gehenden Sanierungsstaus steht heute das KMB vor der Insolvenz, weil die Gesellschafter die drastisch ansteigenden Defizite nicht mehr ausgleichen können. Diese sind vor allem dadurch bedingt, dass die Patienten, die sich die Wahl des Klinikums, zu dem sie gehen, aussuchen können, nur dann das KMB wählen, wenn die ärztliche Kompetenz für ihr gesundheitliches Problem überzeugend ist.

Behandlung mit Tücken

Das Erscheinungsbild, eine problematische Hygiene und krasses medizinisches Desinteresse an einer zügigen Behandlung z.B. in der Notaufnahme in Balg sprechen sich rum. Ich musste das leider vor 5 Monaten selbst erfahren, nachdem mich der Notarzt in der Notaufnahme des Klinikums Balg gebracht hatte. Details, wenn erforderlich!

Viele Ärzte und Patienten vertrauen Balg nicht

Danach verstand ich auch den Kommentar einer Hausärztin: ,Sie haben es gut, Sie sind privat versichert. Sie können sich die Klinik aussuchen. Ich muss jedoch viele Patienten nach Balg schicken und habe dabei immer ein schlechtes Gewissen…‘

Das gute Image – dahin

Die von Herrn Prof. Dr. Iber und Herrn Herke vorgestellten 14 Projekte, die das 2024 zu erwartende Defizit um 10 Millionen reduzieren sollen, sind dazu nicht geeignet. (Manche hätten schon früher realisiert werden können.) Weil sie keine Maßnahmen darstellen, die in andere Kliniken abwandernden Patienten wieder ins KMB zurückholen können. Zu sehr ist das positive Image des KMB bereits verloren gegangen.

Es fehlt die medizinische sachliche Diskussion

Eine medizinische sachliche Diskussion ist bei der Besetzung des Aufsichtsrats nach meiner Erfahrung nicht möglich. Ich fühle mich da fehl am Platze und bitte Sie um Verständnis, dass ich meinen Aufsichtsratsposten einem anderen Kollegen übergeben möchte.“

Martin Ernst, Chef der FBB, brachte es bei der Pressekonferenz am Montag auf den Punkt: „Wir haben das Vertrauen an die Verantwortlichen verloren.“

Wolfgang Niedermeyer, der als Architekt in seinen aktiven Zeiten Großkrankenhäuser geplant hat, trug dann einen Forderungskatalog vertrauensbildender Maßnahmen vor:

• „Es müssen vorbehaltlose Gespräche mit privatwirtschaftlichen Betreibern für die Zukunft des geplanten 1-Standortklinikums und möglicher Interimsbewirtschaftung des KMB geführt werden.

• Kompetenzoffensive gegen die abnehmende Patientenakzeptanz und die daraus resultierenden gravierenden Belegungsausfälle.

• Imagekampagne zum verbliebenen Leistungsvermögen der Kliniken nach diversen Chefarztabgängen.

• Verbesserung der Bilanz mit attraktiven medizinischen Angeboten für die Patienten und nicht durch Abrechnungskosmetik.

• Der Patient muss wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken.“

Foto: Cornelia Mangelsdorf