„Eine Trennung der Immobilie ist die einzig saubere Lösung dieser Fata Morgana“

12August
2022

Die Märchen-Saga rund ums neue Schloss hat ein neues Kapitel: Vor ein paar Wochen war die kuwaitische Investorin, Fawzia Al Hassawi, in der Kurstadt und traf OB Dietmar Späth sowie Mitarbeiter des BT. Martin Ernst, Chef der FBB, analysiert im Interview diesen Besuch.

Herr Ernst, die Besitzerin des Neuen Schlosses war in Baden-Baden. Was war Ihrer Meinung nach Ziel dieses Besuchs?

Martin Ernst: „Wenn Sie mich fragen, ging es Frau Al Hassawi allein darum, der Märchenerzählung aus Tausendundeiner Nacht ein weiteres Kapitel anzufügen. Seit ihrem Kauf im Jahre 2003 hören wir nur Wortphrasen wie ,Ich liebe dieses Schloss‘. Mit ihren Märchenerzählungen ist sie nun beim 4. Oberbürgermeister angekommen. Ich wünsche unserem jetzigen Oberbürgermeister Dietmar Späth, dass er aus der Erfahrung seiner drei Amtsvorgänger lernt und ihre Vorträge als Märchenerzählung wertet und sich nicht von dem von den Gemeinderäten vorgegebenen Weg abbringen lässt.“

Fawzia Al Hassawi möchte letztendlich wohl ihre Pläne für ein Luxushotel im Neuen Schloss sowie im Schlosspark realisieren. Welche Chancen hat Sie?

Martin Ernst: „Frau Al Hassawi präsentiert uns eine nun fast 20-jährige Zeit an Ideen- und Erfolgslosigkeit. Das Luxushotel rechnete sich nicht vor 20 Jahren, rechnete sich nicht vor 10 Jahren und heute schon gar nicht mehr, aufgrund der mittlerweile explosionsartig gestiegenen Baukosten. Das Residenzschloss der Markgrafen von Baden und die arabische Kaufmannstochter passten nie zusammen. Es ist beim Kauf einer Immobilie wie manchmal auch bei Ehepaaren. Wenn man nicht zusammenpasst, sollte man sich trennen. Je früher dies passiert, umso mehr Emotionen und Ärger sparen sich die beiden Partner gegenseitig.“

Vollmundig hat die Dame von Baden-Baden geschwärmt, die Stadt sei ,ein Stück Himmel auf der Erde‘. Gleichzeitig lässt sie ein wichtiges Kulturgut des Landes Baden-Württemberg einfach zerfallen. Halten Sie es für möglich, dass die Dame gar nicht mehr die Mittel dafür hat?

Martin Ernst: „Schon in der Bibel steht geschrieben: ,An ihren Taten sollt ihr sie erkennen‘. Frau Al Hassawi zeigt mit ihrem Verhalten seit zwei Jahrzehnten nur eines: Dass ihr das Geld fehlt. Man muss die arabische Mentalität kennen und verstehen. Viel reden und handeln gehört dort zum Handwerk und ist Voraussetzung für jeden Vertragsabschluss. Frau Al Hasssawi möchte mit dem Kauf des Neuen Schlosses Geld verdienen. Das aber passt nicht zu den von ihr beantragten Förderanträgen. Jeder, der in der Immobilienbranche tätig ist, weiß, dass der Antrag für staatliche Fördergelder meist eine wahre Odyssee ist. Je früher sich die Dame aus dem Morgenland von der Immobilie trennt, umso besser ist es für die Stadt Baden-Baden und ihre Bürger.“

Vor 19 Jahren hat sie das Neue Schloss gekauft. Seitdem ist nicht viel passiert: Das Schloss zerfällt. Den Zustand des Anwesens hat Frau Al Hassawi im Interview mit dem BT auf die lange Dauer von Anträgen für denkmalgeschützte Gebäude geschoben. Haben wir es hier mit einer Ausrede zu tun?

Martin Ernst: „Da sie sich nicht freiwillig davon trennt, wird es allerhöchste Zeit, dass wir das verfallende Schloss zwangs in Stand setzen und Zwangsmaßnahmen vornehmen. Warum die Stadtverwaltung vor diesen Maßnahmen zurückschreckt, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Im Übrigen fordere ich im Ältestenrat seit zwei Jahren, dass der Gemeinderat eine Begehung des Neuen Schlosses erhält, um sich selbst davon ein Bild zu machen. Allein diese Weigerung spricht Bände, wenn eine Eigentümerin den gewählten Repräsentanten eine Schlossbegehung verwehrt. Warum kuschen wir vor dieser Dame bei einem solchen Verhalten immer noch?“

Der Gemeinderat hat eine Aufhebung des Bebauungsplans auf den Weg gebracht, um eine Bebauung des Schlossparks zu verhindern, sehr zu Leidwesen der Besitzerin. Welche Schritte möchten Sie nun weiter unternehmen?

Martin Ernst: „Die Aufhebung des Bebauungsplans ist wie die Erstellung eines Bebauungsplans. Hier haben alle Beteiligten die Möglichkeit, ihre Meinung schriftlich mitzuteilen und ihre Interessen zu vertreten. Die Aufhebung des Bebauungsplans wird am Ende dieses Weges stehen. Ich wünsche mir über alles, dass unser Baubürgermeister Alexander Uhlig diesen Weg konsequent weiterverfolgt und sich nicht durch irgendwelche Vorträge oder Märchenerzählungen aufhalten lässt.“

Weiterhin haben wir aus dem BT erfahren, dass die Familie Al Hassawi weltweit 14 Hotels betreibt. Wie kann man Frau Al Hassawi dazu bewegen, in Baden-Baden aktiv zu werden – oder die Finger vom Neuen Schloss zu lassen?

Martin Ernst: „Auch hier gilt für mich die Märchenstunde. Einige Monate nach dem Kauf des Neuen Schlosses bin ich selbst ins Scheichtum Sharjah geflogen, um mir dort ein Hotel der Al Hassawi-Gruppe angesehen. Ich war über den Zustand des Hotels so entsetzt, dass ich in dem Hotel nicht einmal übernachtet habe.“

Al Hassawi betont, sie sei gesprächsbereit und offen für Ideen. Glauben Sie ihr das?

Martin Ernst: „Frau Al Hassawi ist die Tochter eines Kaufmanns. Unsere letzte Oberbürgermeisterin Margret Mergen hat hier allein für den Schlosspark – ohne den Gemeinderat zu fragen – 15 Millionen Euro geboten. Sie hatte rund 15 Jahre vorher für das Neue Schloss mit Schlosspark keine drei Millionen Euro bezahlt. Bei Frau Al Hassawi kommen wir nur dann weiter, wenn der Gemeinderat hart bleibt und die Aufhebung des Bebauungsplans strikt weiterverfolgt. Es ist die Aufgabe des Oberbürgermeisters, ihr klar zu machen, dass eine Trennung der Immobilie die einzig saubere Lösung dieser Fata Morgana ist.“

Fotos:  FBB-Archiv | Ben Becher