Sind Hotels wichtiger als Schulen?

29März
2022

Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle für Baden-Baden. Um die Besucher unterzubringen, sind Hotels nötig – doch auch Schulen brauchen Unterstützung und mehr Aufmerksamkeit. Cornelia Mangelsdorf fragt sich: Werden die Bedürfnisse der Baden-Badener Schüler zugunsten der Hotellerie vernachlässigt?

Baden-Baden kann, je nach Informationsquelle, mit 50 bis 60 Hotels aufwarten – das entspricht einer Hoteldichte von etwa 0,4 Hotels pro Quadratkilometer, ist also eine ganze Menge. Für die 2022 hoffentlich wieder ordentlich strömenden Massen an Touristen sind wir also bestens gerüstet, die leerstehenden Hotels sehnen sich endlich wieder nach Auslastung. Ein weiteres Hotel ist gerade im Entstehen: Auf dem Platz des alten Gefängnisses, über dem Caracalla-Parkhaus, wird seit geraumer Zeit gebaut. Direkt daneben liegt das Gymnasium Hohenbaden.

Platzprioritäten

Bis Mitte der Nullerjahre befand sich neben dem altehrwürdigen Gymnasium eine Grünfläche, auf der einst mein Sohn und andere HoBa-Kinder ihre Pausen verbringen konnten, auf der anderen Seite eben noch das alte Gefängnis, in dessen Innenhof Konzerte und Abistreiche veranstaltet wurden. Heute ist die Grünfläche für ein die Schule überragendes Suitenhotel verschwunden. Auf der anderen Seite ist das leerstehende Gefängnis der oben genannten Hotelbaustelle gewichen. So steht das altehrwürdige Gymnasium eingequetscht zwischen Hotel und Baustelle – selbst ein Teil des Schulparkplatzes musste weichen.

Keine Sporthalle, kein richtiger Veranstaltungsort

Es ist nicht gerade so, als hätte das Gymnasium Hohenbaden ausreichend Platz. Im Gegenteil: Eine Sporthalle existiert nicht mehr, da eine Lernumgebung und Bibliothek (das sogenannte Selbstlernzentrum) vonnöten war: Die Sporthalle musste geopfert werden. Doch auch noch zu Zeiten, in denen die winzige Sporthalle vorhanden war, mussten die meisten Schüler zum Sportunterricht ans Markgraf-Ludwig-Gymnasium tingeln oder mit dem Bus nach Sandweier fahren, es war schlicht zu wenig Platz. Ebenso ist die Aula der Schule nur begrenzt nutzbar, nur eine begrenzte Menge an Menschen darf sie betreten: Dies stellt eine schwere Beeinträchtigung für Veranstaltungen an der Schule dar, wie etwa für die geschichtsträchtige Theater-AG.

Sind Touristen wichtiger als Schüler?

Ich frage mich deshalb: Hätte der Platz oberhalb der Schule nicht zugunsten der Schule verwendet werden können? Etwa in Form eines Nebengebäudes, einem Veranstaltungs- und Sportgebäude für das über 150 Jahre alte humanistische Gymnasium, auf das man zu Recht sehr stolz ist in unserer Stadt? Mein Eindruck: Die finanzielle Motivation war hier wichtiger als der Wille, für die Kinder der Stadt etwas zu tun. Schulen sind in Baden-Baden nicht unbedingt die ersten, deren Wünsche erhört werden. Gastronomie und Hotellerie als wichtige wirtschaftliche Zweige werden der Bildung gern vorgezogen, man setzt lieber noch das gefühlt tausendste Edelhotel auf jedes leere Fleckchen, bevor man einer städtischen Bildungseinrichtung entgegenkommt. Bei allem Fokus auf die Wirtschaft sollte man die Bildung und unsere Kinder nicht vergessen. Denn sie sind eine wichtige Investition für die Zukunft unserer Stadt.

Fotos: Ben Becher