Ein Baden-Baden Jazz-Festival: Das wär’s!
10Dezember
2021
Vergangenen Freitag war Till Brönner mit seiner Band in Baden-Baden und verzauberte sein Publikum im ausverkauften Haus. Die begeisterten Fans jeden Alters bestätigen: Jazz kommt an! Warum also nicht ein Jazz-Festival in der Kurstadt ausrichten? Ein Gedankenspiel von Cornelia Mangelsdorf.
Es war ein Abend, der mir lange in Erinnerung bleiben wird: Am 3. Dezember spielten Till Brönner und seine Band im Festspielhaus. Die Stimmung war festlich, das Publikum elektrisiert. Immer wieder gab es Zwischenapplaus und begeisterte Rufe für sein Spiel auf der Trompete oder dem Flügelhorn; und auch die souligen Stücke des Sängers Frank McComb oder die Soli des Saxophonisten Mark Wyand machten es so manchen Zuhörern schwer, auf ihren Sitzen zu verharren.
Ein lang ersehnter Abend
Klar, die Vorbereitungen für den Besuch waren etwas aufwändiger als sonst mit G2 plus, aber dafür und mit meiner FFP-2-Maske fühlte ich mich wirklich sicher. Und es war überwältigend, endlich mal wieder einen Abend zu erleben, für den Frauen ihre schönsten Kleider aus dem Schrank holten und die meisten Herren Anzug trugen. Sektglasgeklimper, flanierende Augen-Blicke, acht Weltklasse-Musiker auf der Bühne: Das nenne ich einen Glücksfall!
Gerade nochmal Glück gehabt
Schon tags darauf musste das Festspielhaus umdisponieren, weil nur noch 750 Gäste kommen durften. Till Brönner konnte noch vor einem ausverkauften Haus spielen. Doch in der Alarmstufe II der Landesverordnung wird die Sitzplatz-Ausnutzung in Theatern und Konzerthäusern generell auf 50 Prozent der Kapazität bis maximal 750 Besucherinnen und Besucher verringert. Dies hat im Festspielhaus mit seinen 2500 Plätzen weitreichende Konsequenzen. Der Aufwand, bereits verkaufte Sitzplätze zu sperren, ist für das Festspielhaus enorm, da jeder betroffene Kartenkäufer rechtzeitig informiert werden muss.
Alles hat gestimmt
Wir hatten lange gebangt, ob wir Till Brönner sehen können – nachdem das Konzert im Juni 2020 Corona-bedingt abgesagt worden war. Für mich hat alles an diesem Abend gestimmt: die fantastische Musik, die wunderbare Atmosphäre, das sichtlich begeisterte Publikum und natürlich die großartige Location Festspielhaus.
Wohlfühltempel Festspielhaus
Die Kultur über Krisenzeiten retten: Hier strengt sich das Festspielhaus mächtig an. Das kann gar nicht hoch genug gelobt werden. Denn ins Konzert zu gehen, das ist nicht nur ein Kulturgenuss – es macht auch etwas mit uns: Musik beeinflusst günstig den Herzschlag, den Blutdruck, die Atemfrequenz und die Muskelspannung. Sie mobilisiert das Gehirn und sorgt dafür, dass der Körper Glückshormone produziert.
Mehr Musik!
Genau das konnte ich am Freitagabend spüren, fühlte ich mich nach dem Konzert doch so entspannt und ausgelassen wie seit Monaten nicht. Musik – sollten wir fördern, in unserer Welterbe-Stadt Baden-Baden.
Ein Jazz-Festival würde uns gut stehen
Und vielleicht könnte man den Zauber des Jazz ja noch ausweiten in der Kurstadt. Denn die Musik von Louis Armstrong, John Coltrane, Miles Davis, Duke Ellington, Ella Fitzgerald und den hochbegabten modernen Jazz-Interpreten wie Till Brönner wird zunehmend auch von der jungen Generation gehört, wie man am Publikum sehen konnte. Gut, die älteren Gäste waren in der Überzahl – was sicherlich auch an den Eintrittspreisen lag.
Die Künstler kommen gern
Das Festspielhaus setzt (auch) auf Jazz. Und man hat das Gefühl, die Musiker kommt gern nach Baden-Baden. Till Brönner trat nicht zum ersten Mal dort auf. Diana Krall, kanadische Jazzpianistin und Sängerin, war auch schon da. Wynton Marsalis, Gralshüter des Jazz, war seinem Orchester im Oktober zu Gast im Festspielhaus, Wolfgang Haffner´s Dreamband stand dort im November auf der Bühne.
Machen wir Montreux Konkurrenz!
Ich bin davon überzeugt: Ein Jazz-Festival würde der Stadt gut stehen. Und viele Besucher aus nah und fern in die Kurstadt locken, worüber sich dann auch die Hotels, Gastronomen und Einzelhändler freuen würden. Machen wir doch der Stadt Montreux Konkurrenz, die seit 1967 jedes Jahr ihr Jazz Festival ausrichtet. Über zwei Wochen lang wird die Stadt am Genfer See 2022 die Musik feiern, nicht nur mit kostenpflichtigen Konzerten, sondern auch mit vielen Gratis-Konzerten. So was ließe sich auch in Baden-Baden realisieren. Einbinden könnte man auch die Musikhochschulen des Landes, die Jazz auf einem hohen Niveau lehren, und zum Beispiel den SWR. Da ließe sich Einiges auf die Beine stellen, für jedes Alter und für jeden Geldbeutel. Die Stadt kann New-Pop-Festival. Dann schafft sie auch ein New-Jazz-Festival. Till Brönner kommt gern wieder.
Fotos: Ben Becher