Welch Glück, auf einer Burg zu tafeln!

16August
2022

Trauerspiel rund um Baden-Baden: Die Burgen rund um die Kurstadt sind aktuell so gut wie nicht bewirtschaftet. Im benachbarten Durbach hingegen wird mit wenig Mitteln die Gastfreundschaft gefeiert. Ein Kommentar von Cornelia Mangelsdorf.

Baden-Baden tut sich schwer, seine Burgen zu bewirtschaften. Die Yburg – geschlossen. Alt-Eberstein? Totentanz. Und im Alten Schloss? Ist das Restaurant „Fidelitas“ auch nicht mehr für normale Besucher geöffnet, man kann es nur noch für Veranstaltungen mieten. Nun gut, es gibt noch einen Kiosk dort oben. Und den Schlosshof in Neuweier.

Idylle auf Schloss Staufenberg

Im wahrsten Sinne erfrischend war das, was ich neulich abends auf Schloss Staufenberg in Durbach erlebte. Dort oben, auf dem wunderbaren Anwesen des Markgrafs von Baden – eben jener, der das Neue Schloss in Baden-Baden besaß und verkaufte – durfte ich mit lieben Menschen neben Flammkuchen und Feierabend-Schorle auch den Sonnenuntergang genießen. Und ich dachte spontan: Hier musst du alle Freunde hinführen – so schön ist diese Landschaft mit ihren Reben und den kleinen Dörfern im Hinterland, wo man des Winters Tannenbäume schlagen kann. Oder sich mit köstlichen Obstbränden eindeckt. Badische Lebensart eben. Sie wird in Durbach zelebriert wie nirgends in der Ortenau. Und das ist schlau. Der Tourismus brummt.

Urlaubsgefühle auf der Burg

Was dort oben auf dem Schloss – man sitzt entspannt draußen unter alten Bäumen oder auf der großen Terrasse – an Gastronomie geboten wird, ist lecker, aber übersichtlich: Flammkuchen verschiedenster Art, Salate, ein paar Nudelgerichte, Kuchen. Man bestellt an der Kasse, holt sich seine Getränke, die Speisen werden gebracht. Schnickschnack braucht es auch gar nicht an solch einem himmlischen Platz: Der Blick bis hinüber zum Straßburger Münster ist atemberaubend, die Stimmung der Gäste tiefenentspannt. Hier will man sein –und wiederkommen.

Totentanz auf Baden-Badens Burgen

Das gute Beispiel gelungener Burgenbewirtschaftung lässt den Schatten, der auf Baden-Badens verwaisten Burgen liegt, noch dunkler werden. Viele Baden-Badener sehnen sich ihre Ausflüge auf die Burgen herbei: Ich erinnere mich noch an Sonntage, an denen wir mit Freunden auf die Yburg wanderten – samt Einkehr mit Wurstsalat und Bier. Herrlich! Bis das wieder möglich sein wird, werden viele Monate vergehen. Oder Alt-Eberstein mit seinem wunderbaren Ausblick – wann wird hier wieder Leben einkehren?

Die Stadtverwaltung muss die Burgen zum Prio-1-Thema machen

Trösten wir uns mit den paar Burgen, die in der Region noch offen sind. Und die besucht werden wollen. Schloss Neuweier etwa. Oder Schloss Eberstein in Gernsbach – diese gehörte auch einmal der markgräflichen Familie – wartet mit einem wunderschönen Biergarten auf. Man sitzt unter Platanen und genießt einen herrlichen Blick auf das Murgtal. Jetzt gerade, beim Schreiben, wird mir wieder weh ums Herz: Warum bekommt Baden-Baden es nicht hin, seine Burgen schnell zu sanieren und fähige Pächter zu finden? Für die Baden-Badener und auch für die Touristen sind das wichtige Ziele. Deshalb sollte das Thema Prio eins auf der Liste der Stadtverwaltung erhalten.

Orte der Entschleunigung und Erholung stehen der Welterbe-Stadt gut

In Zeiten globaler Unsicherheit erfahren lauschige Plätzchen in der Natur eine besondere Beachtung. Weil sie etwas Tröstliches haben. Und, ja: Dort ist die Welt noch in Ordnung. Deshalb sind Rückzugsorte, wie ein idyllischer Biergarten auf einer Burg, ja fast schon Bürgerrecht. Mögen sich die Entscheider im Rathaus also bitte beeilen, uns bald wieder die Yburg, Alt-Eberstein und natürlich das Alte Schloss aufzuschließen. Sonst bleibt uns nur Neuweier, Gernsbach oder Durchbach. Der Sonnenuntergang ist die Fahrt allemal wert.

Foto: Presse | www.schloss-staufenberg.de