Die Armut geht um

09August
2022

Knapp 16 Prozent der Deutschen sind armutsgefährdet. Das belegt eine neue Untersuchung des Statistischen Bundesamts. Dass diese Zahl in Zeiten der Energiekrise weiter nach oben schnellen wird: Damit ist zu rechnen.

Rund 13 Millionen Menschen waren 2021 in Deutschland armutsgefährdet. 2021, das war ein weiteres Corona-Jahr. Jedoch war der Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, 2021 noch nicht in Sicht; er begann am 24. Februar 2022. 13 Millionen Bürger, die Mühe haben, über die Runden zu kommen – das entspricht knapp 16 Prozent der Bevölkerung Deutschlands. Das ist etwa jeder Sechste! Diese Zahl erschreckt.

Wer ist überhaupt armutsgefährdet?

Eine Person gilt nach EU-Definition als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2021 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 15.009 Euro netto jährlich – das entspricht 1.251 Euro im Monat –, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 31.520 Euro netto im Jahr und 2.627 Euro im Monat.

Frauen trifft es eher als Männer

Dass Frauen ein größeres Risiko zu haben, in die Armut abzurutschen, ist nicht neu. Insgesamt waren 16,5 Prozent der Frauen, aber nur 15,1 Prozent der Männer im Jahr 2021 von Armut bedroht. Bei den Frauen ab 65 Jahren fiel das Armutsgefährdungsrisiko 2021 mit 21 Prozent deutlich höher aus als bei den Männern derselben Altersklasse mit 17,4 Prozent. Die geringeren Alterseinkommen von Frauen im Vergleich zu Männern sind beispielsweise auf unterbrochene Erwerbsbiografien und damit geringere Rentenansprüche zurückzuführen.

Allein leben, allein erziehen und drei oder mehr Kinder erhöhen das Armutsrisiko

Untergliedert nach Haushaltstypen sind erheblich mehr Personen aus Alleinerziehenden-Haushalten sowie Alleinlebende von Armut bedroht als im Bundesdurchschnitt. 2021 war mehr als ein Viertel der Personen aus Alleinerziehenden-Haushalten armutsgefährdet: 26,6 Prozent! Das ist mehr als ein Viertel. Bei den Alleinlebenden waren es 26,8 Prozent. Für Personen in Haushalten mit zwei Erwachsenen und einem Kind (9 Prozent) beziehungsweise mit zwei Kindern (11,4 Prozent) sowie in Haushalten mit zwei Erwachsenen ohne Kind (11,5 Prozent) lag die Armutsgefährdungsquote 2021 unter dem Bundesdurchschnitt. Dagegen hatten Personen in Haushalten von zwei Erwachsenen mit drei und mehr Kindern mit 23,6 Prozent eine deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegende Armutsgefährdungsquote. 

Fast jede zweite arbeitslose Person war 2021 armutsgefährdet

Differenziert nach dem überwiegenden Erwerbsstatus von Personen ab 18 Jahren war im Jahr 2021 in der Gruppe der Arbeitslosen mit 47 Prozent fast jede zweite Person armutsgefährdet. Bei den überwiegend Erwerbstätigen betrug der Anteil dagegen nur 8,6 Prozent. Für Personen im Ruhestand lag die Armutsgefährdungsquote bei 19,3 Prozent.

Die Energiepreise gehen durch die Decke

Der Krieg in der Ukraine stürzt nicht nur die westliche Welt in eine Energiekrise. Gas, Heizöl, Benzin, Diesel, Strom und Wasser: Diese Ressourcen werden künftig teurer werden. Auch wenn unser Staat Hilfen in Aussicht stellt: Das Ausmaß an erhöhten Lebenshaltungskosten wird damit nicht überall gemindert werden können. Schon jetzt haben die Tafeln in Deutschland einen Zulauf, den sie kaum bewältigen können – FOKUS Baden-Baden berichtete. Armut zu verhindern, ist damit das Gebot der Stunde; und zwar nicht nur auf Bundeseben. Auch jeder Landkreis, jede Stadt ist hier gefordert, das Schlimmste für Familien, Kinder, alte Menschen und Bedürftige zu verhindern.

Bild: pixabay.com | unsplash.com | Ben Becher