Uns gehen die Teile aus

06Juli
2021

Bundesweit leiden Betriebe wie Möbelhersteller oder Baufirmen unter Materialmangel. Holz, Schrauben, Stahl und andere Baustoffe werden knapp, Lieferengpässe und steigende Preise führen zu Verzögerungen. Was können wir als Verbraucher daraus lernen? Cornelia Mangelsdorf hat sich Gedanken gemacht.

Von einer Holzkrise wird in Dachdeckerkreisen bereits gesprochen – Bauprojekte kommen derzeit ins Stocken, auf einigen Baustellen geht es nur schleppend voran. Schuld daran sind die rasant in die Höhe schießenden Preise für Holz. 39,4 Prozent der Baufirmen gaben in einer Umfrage des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung an, dass sie Probleme bei der Materialbeschaffung haben. Auch Möbelhersteller klagen über Engpässe. Wer sich gerade eine neue Küche bestellt hat, wird vermutlich einige Monate länger warten müssen als gedacht.

Nicht nur Holz, auch Stahl wird teurer

„Die Preise für Schnittholz sind in den letzten Monaten nahezu explodiert, die Sägewerke kommen nicht hinterher“, sagt Ifo-Experte Felix Leiss. Doch auch Metallteile, die beim Bau unabdingbar sind, sind im Moment Mangelware. Die internationalen Lieferketten sind überlastet, die Pandemie sorgt für Rohstoffengpässe, es drohen EU-Zölle auf Handelswaren aus China: All das trägt dazu bei, dass all jene Materialien, die dazu nötig sind, beim Bau von Gebäuden, Möbeln, Maschinen und so weiter weiterzukommen, Mangelware sind. Das merkt auch jeder, der aktuell ein Stahlgeländer für seine Treppe oder Terrasse bestellt: Dafür muss man deutlich mehr berappen als noch vor ein, zwei Jahren.

Ein Vorgeschmack auf die Konsequenzen von zu viel Komfort?

Dieses Gefühl, dass etwas, das wir brauchen, nicht auf Abruf bereitsteht, ist den meisten von uns vermutlich gänzlich unbekannt. Wir sind daran gewöhnt, etwas zu bekommen, sobald wir es haben wollen. Ein neuer Gartenstuhl? Eben mal zum Möbelhaus gefahren oder im Internet bestellt. Die Waschmaschine spinnt? Ein Techniker mit Ersatzteilen oder gar ein neues Gerät ist schon auf dem Weg. Wir sind den Komfort von Waren auf Abruf gewöhnt – vielleicht etwas zu sehr. Ältere Generationen erinnern sich vielleicht an Kriegs- und Nachkriegszeiten, als Nahrung und Güter knapp waren und man sich alles hart erarbeiten musste; und vor allem auf etwas warten musste.

Dankbarkeit ist das Gebot der Stunde

Eine Fähigkeit, die unsere Eltern oder Großeltern in der Nachkriegszeit erlernt haben, ist die der Dankbarkeit. Wenn es mal etwas Neues gab, wurde das wertgeschätzt und sehr darauf aufgepasst. Ein neues Fahrrad oder ähnliches gab es nicht mal eben so „on demand“. Vielleicht können wir die gegenwärtig herrschende Materialknappheit als kleinen Schuss vor den Bug sehen, als einen kurzen Vorgeschmack auf das, was uns blühen könnte, wenn wir unser Haben-Wollen nicht einschränken lernen; wenn wir unser Verhalten, Güter als Selbstverständlichkeit zu sehen, nicht ändern.

Was jetzt?

Dass ein Hinterfragen unseres Konsumverhaltens eine Entlastung der Lieferketten und eine Entspannung des globalen Rohstoffmarkts bewirken kann, ist nicht gesichert. Wir wissen nicht, wie lange die momentane Überbelastung des Marktes noch bestehen bleibt. Der Trend sieht zumindest nicht gut aus. Mögliche Anti-Dumping-Zölle für China, die die EU erheben könnte, würden das Ganze laut Volker Lederer, Vorsitzender des Fachverbands des Schrauben-Großhandels, sogar noch erheblich weiter verschlimmern. Was wir als Verbraucher jedoch tun können, ist, unser Kaufverhalten auch mal zu hinterfragen – und unsere äußerst komfortable Situation vielleicht ein bisschen mehr schätzen zu lernen.

Fotos: Pixabay.com