„Mit schönen Plänen ist es nicht getan“

11Dezember
2020

Kaum einer liest so akribisch Bauunterlagen wie FBB-Stadtrat Wolfgang Niedermeyer. Der erste Mann des Vereins Stadtbild Baden-Baden kniet sich tief in städtische Planungsdetails und hat schon so manche Beschlussvorlage auseinandergenommen. Der Architekt im Unruhestand versteht sein Fach. Ein Interview zum Jahresausklang.

Herr Niedermeyer, wenn Sie auf 2020 zurückblicken: Was war für Sie persönlich der schönste Erfolg Ihrer politischen Arbeit?

Wolfgang Niedermeyer: „Als Stadtbild-Fan natürlich der lange Weg über die beste Methode zur Erhaltung und Entwicklung Baden-Badens, jetzt endlich zum Übergang in die Praxis mit der Aufstellung von Gestaltungssatzungen und darauf abgestimmter Bauleitplanung. Das waren für mich fünf Jahre Überzeugungsarbeit, die sich gelohnt haben.“

2020 wird als das Corona-Pandemie-Jahr in die Geschichte eingehen. Wie haben Sie die politische Zusammenarbeit mit dem Rathaus oder anderen Fraktionen in dieser schwierigen Zeit erlebt?

Wolfgang Niedermeyer: „Für mich als Neuling im Gemeinderat lief eigentlich alles normal. Die Verwaltung war als Dienstleister präsent. Das den Umständen geschuldete Prozedere war nie hinderlich, die Kommunikation ohne Probleme oder Verzögerung möglich.“

Was war 2020 für Sie der politische Aufreger?

Wolfgang Niedermeyer: „Dass es immer wieder Themen gab, die, obwohl öffentlich bereits rauf und runter diskutiert, von der Verwaltung nichtöffentlich behandelt werden. Dazu gehört im Augenblick das Neue Schloss mit dem Ansatz, der Investorin offensichtlich noch weiter entgegen zu kommen.“

Blicken wir nach vorn: Welche Projekte haben Sie 2021 auf der Agenda?

Wolfgang Niedermeyer: „Zunächst die gute Gelegenheit nutzen, die Planung des Sanierungsgebiets Südliche Neustadt und Augustaplatz gemeinsam mit den Bürgern zu optimieren. Dann: das lange schwelende Grundsatzproblem Verkehr und Mobilität mit innovativen Lösungsansätzen begreifbar zu machen und sich hoffentlich auch von alten Zöpfen, wie zum Beispiel einseitigen Besitzansprüchen der Verkehrsteilnehmer, zu verabschieden. Hier muss die FBB Vordenker werden. Die Ansätze liegen auf dem Tisch. Wichtig erscheint mir, zwischen Wunschtraum und Machbarkeit zu unterscheiden. Das wird sich bei der gerade wieder aus der Schublade geholten Zubringer-Untertunnelung zeigen. Mit schönen Plänen ist es nicht getan.“

Alle ein, zwei Wochen kann man in der Zeitung lesen, was die FBB alles unternimmt – so gesehen war 2020 ein fleißiges Jahr. Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen der FBB nennen?

Wolfgang Niedermeyer: „Ich habe beruflich gelernt, mit jedermann gut zusammenzuarbeiten. Ja, ich bin jetzt geradezu darauf angewiesen, um in dem breiten Spektrum der Gemeindepolitik mitzuwirken. Ich höre jedem gerne zu, ganz im Sinne von Konrad Adenauer: ,Es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden’."

Fotos: FBB-Archiv