Lückenlose Betreuung von Grundschülern: „Die Stadt ist noch nicht in der Realität angekommen“
07Januar
2019
Wegen eines Notfalls wollte eine Mutter, deren Tochter die Grundschule Lichtental besucht, mit dem Sekretariat telefonieren. Ohne Erfolg. Durch Rationalisierungsmaßnahmen ist es nicht ständig besetzt. Fahrlässig, so die Mutter. Ein Sicherheitskonzept für Schulen fehlt. Wir sprachen mit der Bürgerin.
Sie sei fünf Minuten zu spät dran gewesen – da war die Klasse ihrer siebenjährigen Tochter schon zum Sportunterricht aufgebrochen. Das kleine Mädchen fand sich allein im Klassenraum, bekam Angst, schloss sich in der Toilette der Schule ein und telefonierte via Notfallhandy mit der Mutter. Die Mutter versuchte daraufhin, jemanden bei der Schule zu erreichen. „Ab acht Uhr habe ich vergeblich versucht, über die Telefonnummer der Klosterschule das Sekretariat zu erreichen, um jemanden zu meiner Tochter zu schicken. Doch das Telefon klingelte jedes Mal durch.“
Stell dir vor, es ist ein Notfall und keiner geht hin
Die Mutter ist daraufhin von ihrem Arbeitsplatz aus der Cité in die Schule gefahren, um ihre Tochter aus der Toilette zu holen und Lehrer über den Vorfall zu informieren. Tatsache ist: Das Sekretariat der Schule war an diesem Tag erst ab 8.30 Uhr besetzt. Die Bürgerin findet es besorgniserregend, dass das Sekretariat nicht durchgehend besetzt ist: „Für die Eltern ist es eine Selbstverständlichkeit, dass bei Schulbetrieb eine Schule vollumfänglich erreichbar ist. Es kann ja immer zu Notfällen kommen, die weniger glimpflich ausgehen als bei uns. Was ist etwa, wenn ein Kind medizinische Hilfe benötigt?“
Bisher keine Antwort seitens der Stadt
In einer ersten Reaktion wandte sich die Mutter an die Stadtverwaltung mit der Bitte um Klärung (das BT berichtete). Weil eine Reaktion seitens der Stadtverwaltung auf sich warten ließ, entschloss sie sich am 17. Dezember, die Bürgerfragestunde zu nutzen, um zu erfahren, wie die Verwaltung mit dem Problem der telefonisch nicht erreichbaren Grundschulen umginge. Zwischenergebnis: Bürgermeister Roland Kaiser denkt jetzt über eine zentrale Notfall-Telefonnummer nach, im Rahmen eines Sicherheitskonzepts.
Bislang kein Sicherheitskonzept
Man fragt sich, warum erst jetzt darüber nachgedacht wird und warum es ein solches Konzept bislang nicht gibt. Minderjährige Kinder sind Schutzbefohlene und bedürfen einer lückenlosen Aufsicht – gerade in den größeren Grundschulen. Die Meinung der Mutter dazu: „Unser Fall legt eine Schwäche im System offen. Ich möchte nicht auf einen Einzelfall aufmerksam machen. Vielmehr kann jedes Kind eine Notsituation erleben, in der es auf Hilfe angewiesen ist. Und auch wir als Eltern brauchen einen Ansprechpartner, jemand, der in der Schule erreichbar ist.“
Andere Schule fassen nach, wenn ein Kind nicht erscheint
Dass dies an anderen Schulen funktioniert, berichtete die Bürgerin aus eigener Erfahrung: „Unsere größere Tochter besucht die fünfte Klasse eines Baden-Badener Gymnasiums. Schon am ersten Elternabend bekamen wir gesagt, dass wir unser Kind im Krankheitsfall bereits vor Unterrichtsbeginn per E-Mail bei der Klassenlehrerin und telefonisch beim Sekretariat entschuldigen müssen. Denn: Fehlt das Kind unentschuldigt, verpflichtet sich die Schule, das Kind umgehend aufzuspüren beziehungsweise bei den Eltern nachzuforschen, wo es ist. Das gibt einem als Mutter ein gutes Gefühl. Weil nach den Kindern geschaut wird.“ Nachdenklich fährt sie fort: „Im Falle meiner kleinen Tochter habe ich mich gefragt: Was wäre gewesen, wenn mein Kind kein Notfallhandy gehabt hätte? Wann wäre der Punkt gekommen, an dem man das Kind gesucht hätte beziehungsweise Maßnahmen ergriffen hätte?“
Der Schock sitzt tief
Was fehlt, ist ein in allen Schulen durchgängiger Prozess, der sicherstellt, dass kein Kind „verlorengeht“. Genau dies hat die Bürgerin im Gemeinderat nachgefragt. Denn auch, wenn zum Glück alles gut ausgegangen ist, der Schreck sitzt tief.