Ein Schwätzbänkle in Baden-Baden: Das wär’s!

21Februar
2023

Vielen Menschen fehlt es an Ansprache: Sie sind einsam. In Tübingen hat ein engagierter junger Mann, der freitags auf seiner Gartenbank zum zwanglosen Austausch einlädt, schon manchen einsamen Gast aus der Reserve gelockt.

Die Idee ist simpel, aber wirkungsvoll: Der 33-jährige Daniel Neudeck aus dem Landkreis Tübingen lädt jeden Freitagnachmittag auf einer Bank vor seinem Haus zum Gespräch. Er setzt sich hin und wartet, wer vorbeikommt. Und dann entspinnen sich Gespräche – mal mehr, mal weniger tiefsinnig. Sein Angebot für ein Schwätzchen wird gern angenommen. Er hat schon vielen Menschen ein Ohr geliehen. Und ihnen so geholfen. Neudeck ist kein ausgebildeter Seelsorger, sondern Industriekaufmann. Er handelt aus Nächstenliebe. Menschen wie er, die ein wenig von ihrer Zeit opfern, um sie anderen zu schenken, können mit einer solchen Geste im Alleingang viel bewirken.

Wer sich einsam fühlt, leidet auch körperlich

Rund 40 Prozent der Deutschen fühlen sich mindestens gelegentlich einsam, ganze zehn bis fünfzehn Prozent davon gar ständig. Und das geht auf die Gesundheit: Nicht nur können Menschen, die sich einsam fühlen, Angststörungen und Depressionen entwickeln. Einsamkeit erhöht außerdem das Risiko für Herzinfarkte, Demenz, Schlaganfälle und mehr. Ein Grund ist das Stresshormon Cortisol, das ausgeschüttet wird, wenn wir uns nicht im Kreise anderer Menschen befinden. Der Mensch ist ein Rudeltier – und wenn ein solches nicht um uns ist, setzt der Körper dieses Hormon ein, um uns in Alarmbereitschaft zu versetzen.

Da kommt die Idee vom Schwätzbänkle wie gerufen

Was früher noch üblich war – Oma und Opa saßen vor dem Haus auf ihrer Bank und kamen so permanent mit Nachbarn oder Passanten ins Gespräch – ist vielerorts verlorengegangen. Dabei ist nachgewiesen, dass das zwanglose Zusammensitzen, so wie es in vielen süditalienischen Dörfern noch Usus ist, den Zusammenhalt stärkt und den Menschen einfach guttut. Die Idee des Schwätzbänkles haben bereits mehrere Gemeinden aufgegriffen: So gab es in Stuttgart auf dem Schlossplatz ein Schwätzbänkle und auch eines in Murg im Landkreis Waldshut, weiterhin in Gerstetten bei Heidenheim, in Ulm und in unserer Nachbargemeinde Bühl, im Rahmen eines landesweiten Aktionstags des Landesseniorenrats im September 2021.

Viele junge Leute einsam

Doch nicht nur ältere Bürgerinnen und Bürger leiden unter mangelnden sozialen Kontakten: Unter den 19- bis 29-Jährigen geben fast ein Viertel der Befragten laut Statista an, sich ständig einsam zu fühlen. In Deutschland sind dies insgesamt mehr als alle Einwohnerinnen von Berlin, Hamburg, München und Frankfurt zusammen, die unter der Einsamkeit leiden. Nicht nur die Pandemie ist Grund dafür, auch wenn sie die Zahlen in die Höhe getrieben hat.

Maßnahmen gegen die Einsamkeit

Es wird also Zeit, das Phänomen der Einsamkeit wirksam zu bekämpfen. Gesprächsbänke könnten hier schon eine kleine Hilfe bieten. Nicht immer müssen die Bänke das Etikett „Schwätzbänkle“ tragen. Vielleicht sollte einfach die gute alte Tradition mit der Bank vor dem Haus wieder aufleben.

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