„Unser Ziel ist es, dass Motorräder leiser werden“
05Februar
2021
Bald startet wieder die Motorrad-Saison. Und mit ihr kommt der Lärm der heißen Öfen zurück – der Anwohner, Spaziergänger und Ruhesuchende manchmal fast in den Wahnsinn treibt. Die Initiative „Leiser!“ soll nun Abhilfe schaffen. Auch unser 2. Bürgermeister Roland Kaiser engagiert sich für die gute Sache. Wir befragten ihn.
Man kann sie bis nach Lichtental, Oberbeuern oder Geroldsau hören: Wenn bei schönem Wetter die Motorradfahrer ihren Ausflug auf die Schwarzwaldhochstraße machen, wird es oft richtig laut. Schnelles Beschleunigen und quietschende Reifen passen ganz und gar nicht in die Ruhe unserer wunderbaren Landschaft.
Die Initiative „Leiser!“
Sasbachwaldens Bürgermeisterin Sonja Schuchter hat 2018 die Initiative „Leiser!“ gegründet. Sie soll den Lärm von PS-starken Geschossen eindämmen. Ein weiterer Gedanke der Initiative: E-Mobilität für Motorräder soll gefördert werden. Schnell fand sie Mistreiter
151 Kommunen machen mit
Dass die Kämpferin für mehr Ruhe ein wichtiges Thema angestoßen hat, zeigt das Interesse an „Leiser!“: „Die Initiative ist bereits sehr erfolgreich“, erklärt Roland Kaiser. „Innerhalb kurzer Zeit ist diese auf über 150 Städte, Gemeinden und Landkreise in Baden-Württemberg angewachsen. Gemeinsam mit dem Verkehrsministerium wurde im Februar 2020 ein Forderungskatalog zu den bundes- und europarechtlichen Regelungen vorgestellt.“ Baden-Baden ist auch Teil der Initiative, Roland Kaiser fungiert bei „Leiser!“ als Sprecher.
Lärmdisplays sollen die Belastung ermitteln
Wir wollten von ihm wissen, ob es Beschwerden in Baden-Baden gibt. „Ja, es gibt Beschwerden von Bürgern“, erklärt Kaiser, „sowohl von einzelnen Bürgern als auch über Zusammenschlüsse von Bürgerinitiativen. Durch Motorradverkehr verursachte Lärmbelastungen treten vor allem als saisonale sowie wochen- und tageszeitliche Spitzenbelastungen auf. An Wochenenden und Feiertagen ist die durch den Motorradausflugsverkehr verursachte Lärmbelastung gerade dann besonders hoch, wenn Anwohner und Touristen Erholung suchen, was zwangsläufig zu Spannungen und Konflikten führt. Wir sind dabei, die entsprechenden Daten durch die von uns installierten Lärmdisplays zu ermitteln, um ein objektives Bild zu erhalten.“
Die Spitzenbelastungen an Schönwetter-Wochenenden sind das Problem
Roland Kaiser wird das Problem angehen: „Wir haben in Baden-Baden einen aktuellen Lärmaktionsplan beschlossen. Dies ist das gesetzlich vorgeschriebene Instrument für die Planung von Lärmminderungsmaßnahmen. In der Lärmaktionsplanung werden jedoch nicht vor Ort konkrete Lärmwerte gemessen, sondern anhand der Fahrzeugdichte wird eine über das Jahr gemittelte Lärmbelastung errechnet. Somit hält der Lärmaktionsplan als generelles Instrument zur Minderung des Umgebungslärms keine Problemlösung für tage- oder stundenweise Spitzenbelastungen durch Motorradverkehr bereit. An dieser Stelle können nur systematische Lärmmessungen mithilfe unserer Lärmdisplays helfen. Diese erfassen in beide Fahrtrichtungen zu jedem Zeitpunkt fahrzeugscharf den verursachten Lärm und die Art des Fahrzeugs. Seit gut einem Jahr laufen die Messungen und wir erstellen gerade den Bericht über das Jahr 2020. Ob die Belastungen allein durch Motorradlärm so erheblich sind, dass wir rechtlich einschreiten können, ist bislang offen.“
An vielen Stellschrauben drehen
Nicht nur die Fahrer der lärmenden Maschinen haben die Initiatoren im Auge, sie gehen noch weiter: Auch Händler, Hersteller und verantwortliche Politiker sollen sensibilisiert und zum Handeln ermuntert werden. Der 2. Bürgermeister: „Konkrete Forderungen gegenüber dem Bund und der EU sind insbesondere die Überarbeitung der Zulassungsregelungen für Motorräder und die Anpassung der Straßenverkehrs-Ordnung, sodass gezielt gegen zu laute Motorräder vorgegangen werden kann. Mit vereinfachten und transparenten Prüf- und Zulassungsverfahren von Motorrädern, bei dem ein Grenzwert von maximal 80 dB(A) für alle Neufahrzeuge einzuhalten ist, könnten die unnötige Geräuschemissionen von Motorrädern deutlich reduziert werden.“
Geschwindigkeitsbegrenzungen oder temporäre Fahrverbote
Kaiser fährt fort: „Mit Anpassungen in der Straßenverkehrs-Ordnung könnten zum Schutz der Anwohner Geschwindigkeitsbeschränkungen und zeitlich beschränkte Verkehrsverbote, etwa an Sonn- und Feiertagen auf bestimmten Motorradstrecken und Straßenabschnitten angeordnet werden. Lärm-arme Motorräder oder Motorroller mit Elektroantrieb sollen von lärmbedingten Verkehrsverboten ausgenommen werden. Der Bundesrat hat diesen Forderungen am 15. Mai 2020 zugestimmt. Unser Ziel ist es, dass Motorräder leiser werden, sie leiser gefahren werden und rücksichtsloses Fahren deutliche Folgen hat.“
Fotos: FBB-Archiv