Busfahren muss sicherer werden
19September
2018
Wer denkt eigentlich an die alten Menschen? In den vergangenen Tagen gab es vermehrt Fälle, bei denen Fahrgäste zu Schaden kamen oder respektlos behandelt wurden. Bitte um mehr Rücksichtname von Busfahrern: Mit diesem Antrag setzt sich Prof. Dr. Heinrich Liesen für sicheres Busfahren ein.
Nennen wir ihn Karl. Karl ist ein rüstiger Herr und schon über neunzig. Er wohnt stadtnah, muss aber für Einkäufe oder Arztbesuche entweder seinen Wagen nehmen oder den Bus. Autofahren in seinem Alter – warum das denn? Der Bus hält quasi vor seinem Haus. Ganz einfach: Karl hat Angst vorm Busfahren. Denn was ist, wenn er stürzt? „Ein schwerer Knochenbruch kann in diesem Alter mitunter lebensbedrohlich sein“, erklärt Prof. Dr. Heinrich Liesen, seines Zeichens Arzt – und Stadtrat der FBB. Damit auch ältere Menschen ohne Bedenken den Bus nehmen können, ist Rücksichtnahme beim Buspersonal, aber auch bei den Planern der Busfahrzeiten dringend notwendig.
Gefahren könnte man leicht vorbeugen
Liesen hat am 13. September 2018 deshalb bei der Oberbürgermeisterin Margret Mergen einen Antrag gestellt mit dem Titel: „Bitte um mehr Rücksichtnahme von Baden-Badener Busfahrern.“ Ziel ist, dass die Busse des ÖPNV Baden-Baden erst dann anfahren, „wenn ältere, alte Passagiere und Behinderte nach dem Einsteigen einen Sitzplatz eingenommen haben“. Liesen betont: „Im Bereich Londons wird diese Handhabung mit großem Erfolg praktiziert.“
Im Bus gestürzt
Dass eine solche Regelung notwendig ist, belegen die aktuellen Ereignisse: Just am 12. September konnte man im Polizeibericht lesen, dass eine 84-jährige Dame dienstags zuvor in einem Bus gestürzt war und sich dabei Prellungen zuzog. Sie musste von einem Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht werden. Die Seniorin war in der Nähe der Haltestelle Eckerlestraße unterwegs. Sie stand im Bus und hielt sich fest. Nachdem der Bus losgefahren war, ließ sie den Haltegriff los, um sich zu einem Sitzplatz zu begeben. Genau in diesem Moment musste der Busfahrer für einen entgegenkommenden Bus bremsen, wodurch es zu dem Sturz kam. Dieser hätte verhindert werden können, wenn vor dem Losfahren sichergestellt worden wäre, dass alle älteren Herrschaften bereits sitzen.
Vom Busfahrer fast zurückgewiesen
Auch andere Stimmen beklagen mangelnde Rücksichtnahme: So schrieb Peter Frietsch aus Baden-Baden in einem Leserbrief an das Badische Tageblatt: „Leider stellt sich die Situation, wie am Sonntag gegen Nachmittag erlebt, noch verschärfter dar. Hier hatte ein Busfahrer nur widerwillig eine Dame mit Rollator in seinen fast leeren Bus aufnehmen wollen, da er bereits Verspätung habe und der Ein- und Ausstiegsvorgang so viel Zeit in Anspruch nehme.“
Durchkommen und aussteigen – schwierig für Ältere
Hubert Stangier ist mit seiner Frau Vera vor fast sechs Jahren von Remscheid nach Baden-Baden gezogen, da hier die beiden Kinder mit fünf Enkelkindern wohnen. Stangier: „Wir haben eine Wohnung in der Rheinstraße. Fast täglich fahren wir mit dem Bus. In der Hauptverkehrszeit steigen die Menschen vorne und hinten ein und aus. Im Gang stehen dann Gäste mit Koffern in den Gängen, ein Durchkommen ist kaum möglich. Mehrfach sind wir schon, wie auch andere Mitfahrer, in der Türe eingeklemmt worden. Schwierig ist für ältere Menschen auch das Aussteigen an den Haltestellen, die nicht besonders ausgebaut sind. Es wäre günstig, wenn die Busse immer abgesenkt würden an den Haltestellen.“
Busfahrer unter Druck
Stangier fügt hinzu: „Die Fahrer bedaure ich. Dass sie die Zeiten einhalten sollen geht nicht. Es gibt sehr einsichtige Fahrer, aber auch viele, die den Bus wie einen Viehtransporter fahren. Ich beobachte, dass die Geschwindigkeit 30 nicht eingehalten wird, nicht eingehalten werden kann“. Und er appelliert: „Warum passiert hier in Baden-Baden nichts? Das liegt meiner Meinung daran, dass Mitglieder des Stadtrates oder höhere Angestellte nicht mit dem Bus fahren. Gesehen habe ich darin nur die Familie Liesen.“
Wo bleibt die Hilfsbereitschaft?
Es entsteht der Eindruck, als würde man in Baden-Baden die alten Menschen vergessen. Auf Schwächere achten, ihnen Respekt und Hilfe entgegenbringen: Das sind Grundregeln der Menschlichkeit. Diese sollten auch beim Busfahren gelten.
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