Schulden abbauen: Wie die Stadt Offenburg das geschafft hat

08Oktober
2018

Ein Blick in die Umgebung zeigt: Die Schuldenuhr kann durchaus auf Null zurückgedreht werden. So geschehen in Offenburg. Dort hat man 1999 die Entschuldung initiiert und auf 20 Jahre angelegt. Man war tatsächlich schneller: Die Altschulden im Kernhaushalt in Höhe von rund 60 Millionen Euro wurden bis 2014 komplett abgebaut. Wie haben die das gemacht?

Offenburgs Finanzen sind verlässlich. Die Stadt setzt auf Stabilität, Kontinuität sowie Vorsorge und plant ausschließlich mit kalkulierbaren Risiken. Und hat sich trotzdem die Sanierung und Erweiterung des Freizeitbades Stegermatt leisten können. Wir wollten wissen: Wie haben die Verantwortlichen das hinbekommen

Schulterschluss für einen konsequenten Sparkurs

Das Jahr 2000 war ein bedeutsames für die Stadt an der Kinzig: Damals begann der Entschuldungskurs. Von 60,8 Millionen Euro Schulden runter auf Null: Gelungen ist dies rund viereinhalb Jahre früher als geplant. Diese beachtliche Leistung sichert die Zukunft der Stadt und entlastet die kommenden Generationen.

Besonnene Planer am Werk – und Einigkeit bei den Entscheidern

Peter Hotz, seit Oktober 2014 Fachbereichsleiter Finanzen, hat uns einige Punkte zur Entschuldung der Stadt Offenburg genannt. Den Entschuldungsprozess aktiv gestaltet haben der damalige Finanzbürgermeister Dr. Christoph Jopen und der damalige Fachbereichsleiter Finanzen, Hans-Peter Kopp, in engem Schulterschluss mit der Ende September 2018 scheidenden Oberbürgermeisterin Edith Schreiner. Jopen war 24 Jahre im Dienste der Stadt Offenburg tätig und gilt als besonnener Zahlenmensch.

Das sind die Kernpunkte der Entschuldung

  • „Der Schlüssel zum Erfolg war vor allem ein klares Bekenntnis zur Entschuldung durch die Festlegung eines ambitionierten und realistischen Zeitplans“, resümiert Peter Hotz. Dr. Jopen äußerte in einem Interview mit haushaltsSteuerung.de außerdem einen Aspekt, der wohl auch zuträglich für den Erfolg war: „Nur wenn die Stadträte spüren, dass sie an einem großen Thema mitwirken, tragen sie auch die ,Mühen der Ebene’, nämlich den Verzicht im Alltag mit. Schuldenfreiheit ist nicht nur ein großer Beschluss, sondern die Bewährung kommt in 100 Einzelentscheidungen.“
  • Seit 2000 wurden jährlich zwischen vier und fünf Millionen Euro für Zins und Tilgung aufgebracht. Auf so manche Investition und Annehmlichkeit mussten Verwaltung, Stadtrat und Bürger verzichten.
  • Wichtig war hierbei auch die Einigkeit aller Akteure, von der Verwaltungsspitze bis hin zum Gemeinderat, dieses Ziel gegebenenfalls auch über eigene Begehrlichkeiten zu stellen.
  • Es wurde weiterhin ein Zins- und Tilgungsfonds entwickelt, der sich aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen sowie den Steigerungen beim Einkommensteueranteil gut füllte.
  • Laut Hotz gab es nicht die eine, alle Probleme lösende Maßnahme, sondern vielmehr ein Konglomerat aus vielen kleinen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Dazu gehörte auch Personalabbau, Beibehaltung der für die damalige Zeit hohen Hebesätze und vor allem auch investiver Zurückhaltung und strikter Einplanung hoher Tilgungsraten.
  • Bei den Technischen Betrieben Offenburg sind die Energiebeteiligungen (Gas, Wasser, Strom) von Offenburg im Sinne einer Holding angesiedelt. Sie erwirtschaften Gewinne und können so andere Bereiche (ÖPNV, Bäder, Messe) mitfinanzieren und damit sogar den Kernhaushalt entlasten. Dr. Jopens Rat: „Eine rationale Debatte über die öffentliche Verschuldung muss die Unterscheidung zwischen rentierlicher und unrentierlicher Verschuldung unbedingt einbeziehen.“

Die Stadt in der Ortenau brummt

Heute steht der Haushalt in Offenburg auf soliden Beinen und bietet ausreichend Reserven, um die laufenden Aufwendungen wie auch die Investitionen der kommenden Jahre ohne Darlehen schultern zu können. Peter Hotz betont: „Am bisherigen Spardiktat wird aber festgehalten.“ So werden frei werdende Mittel teilweise in Nachhaltigkeitsfonds gebunden, wie etwa der „Zukunftsfonds Offenburg“ im aktuellen Doppelhaushalt 2018/19. Risiken werden offen und frühzeitig kommuniziert und gegebenenfalls sehr früh mit „Preisschildern“ versehen, um klar zu machen, dass auch hierfür bereits Mittel gebunden sind, die dann nicht mehr für andere Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Investieren – und umsichtig wirtschaften

Peter Hotz legt Wert auf Transparenz. Und erklärt: „Wenn man es genau nimmt, ist der Kernhaushalt aber nicht mehr ganz schuldenfrei. Grund hierfür waren gute Konditionen, welche die KfW-Bank für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude anbietet. Die Tilgungszuschüsse von bis zu 17,5 Prozent haben wir gerne in Anspruch genommen, sie machen betriebswirtschaftlich Sinn.“

Bildung wird großgeschrieben

Noch ein schlauer Schachzug der Stadtverwaltung Offenburg: Nach dem Grundsatz „Vorfahrt für Bildung – die Rathäuser müssen warten“ wurden allein für drei große Schulprojekte Beträge in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung gestellt. In Offenburg hat man verstanden, wie Sparen geht – und wie man eine Stadt in die Zukunft führt.

Foto: Adobe Stock