„Gewonnen hat der Kandidat mit dem größten Werbetopf“
05April
2022
Die Oberbürgermeisterwahl liegt hinter uns: Dietmar Späth, Bürgermeister der Gemeinde Muggensturm, tritt am 10. Juni sein Amt in Baden-Baden an. Wie interpretiert Martin Ernst, Chef der FBB, seinen Sieg? Ein Interview.
Herr Ernst, was sagen Sie zum Wahlergebnis?
Martin Ernst: „Eine Oberbürgermeisterwahl ist immer eine Persönlichkeitswahl. Die Bürger wählen den Kandidaten, der ihnen sympathisch ist und dem sie den Posten als Oberbürgermeister am ehesten zutrauen. Frau Mergen hatte zwar den höchsten Bekanntheitsgrad, bei ihr war der Amtsbonus aber ein Malus, denn sie wurde von den Bürgern abgewählt. Gewonnen hat dann der Kandidat mit dem größten Werbetopf, der sich somit in das Bewusstsein der Bürger brachte und mit dieser Marketingstrategie letztendlich erfolgreich war. Er erreichte nicht nur über die Innenstadt zahlreiche Stimmen, sondern über alle Stadtteile das jeweils beste Wahlergebnis und ist damit zu Recht ab Juni Oberbürgermeister unserer Stadt.“
Der Auswahlprozess war mitunter nicht einfach, es wurden ja einige Schlammschlachten geschlagen im Vorfeld. Wie beurteilen Sie das?
Martin Ernst: „Der gesamte Auswahlprozess ist nach meiner persönlichen Meinung für jeden Kandidaten eine Katastrophe. Die einzelnen Parteien suchen bei dem jeweiligen Kandidaten aus dem anderen politischen Lager in seinem Lebenslauf Ungereimtheiten, die ihn für das Amt des Oberbürgermeisters angeblich nicht qualifizieren. Viel besser wäre es, die politischen Parteien verabschieden sich aus diesem Auswahlprozess und lassen die Bürger in Ruhe ihren Oberbürgermeister auswählen.“
Was wünschen Sie dem neuen Oberhaupt im Rathaus?
Martin Ernst: „Unser zukünftiger Oberbürgermeister braucht Konsens – und Kompromissfähigkeit. Er muss die vielen unterschiedlichen Strömungen und Lager im Vorfeld eines Entscheidungsprozesses einfangen. Dies ist bei ideologisch geprägten Parteien nicht einfach. Es geht selten um die Sache, meistens um den Machterhalt. Es ist fatal, wenn eine Partei oder Fraktion meint, allein den selig machenden Weg zu kennen. Es gibt viele Wege, die nach Rom führen und jeder einzelne dieser Wege kann sehr schön sein.“
Und welche Themen werden Sie an die neue Spitze herantragen?
Martin Ernst: „Das wichtigste Thema ist die Verabschiedung des neuen Haushaltes. Der Haushalt wird ja nicht besser durch die Unterschrift eines neuen Oberbürgermeisters. Die Probleme sind schließlich geblieben. Wir wollen bezüglich der Verschuldung der Stadt einen Neuanfang jetzt und nicht erst in zwei Jahren, wenn die Liquidität auf null und die Verschuldung an maximale Grenzen gestoßen ist. Dazu muss der zukünftige Oberbürgermeister Dietmar Späth alles auf den Prüfstand stellen, es darf grundsätzlich keine ,heilige Kuh‘ geben.“
Stichwort Neues Schloss: Gehen Sie davon aus, dass der „neue Besen“ nun Schwung in ein angestaubtes Thema bringt?
Martin Ernst: „Herr Späth hat überall erklärt: ,Das Neue Schloss ist ab sofort Chefsache‘. Ein Gespräch mit der Schlosseigentümerin Fawzia Al-Hassawi bringt ihn sicherlich nicht weiter. Daran sind immerhin schon drei Oberbürgermeister vor ihm gescheitert! Wenn man mit Leuten aus dem arabischen Raum verhandelt, muss man auch in der Verhandlung Härte zeigen. Der Gemeinderat hat diesbezüglich den ersten Schritt getan und den Einleitungsbeschluss zur Aufhebung des Bebauungsplans für ein Luxusschloss vor wenigen Wochen beschlossen. Die zielgenaue und zeitnahe Umsetzung dieses Beschlusses kann Herrn Dietmar Späth eine starke Unterstützung auf dem Weg zu einem Neuanfang sein. Es ist doch augenscheinlich, dass das Neue Schloss und die kuwaitische Kaufmannstochter Fawzia Al-Hassawi nicht zusammenpassen. Vielleicht gelingt mit unserem neuen Oberbürgermeister dieser Neuanfang. Die FBB wird ihn diesbezüglich auf jeden Fall unterstützen und freut sich auf den Amtsantritt.“
Foto: FBB-Archiv