„Aus irgendwelchen Gründen kuscht man hier vor Leuten, die Geld haben“

13Januar
2023

Am vergangenen Dienstag fand der erste Stammtisch der FBB im neuen Jahr statt. Zahlreiche Mitglieder, Freunde und Gäste waren im Spiegelsaal des Kurhauses erschienen, um aktuelle Themen und Standpunkte zu besprechen. Martin Ernst und Heinrich Liesen fanden deutliche Worte.

Der Abend begann mit einem heiteren Sektempfang für die knapp 50 Gäste. Prof. Dr. Heinrich Liesen, Stadtrat der FBB, eröffnete den offiziellen Teil des Abends: „Liebe Freunde, liebe Gäste, Ihnen wünschen wir ein wunderbares 2023, viel Glück, Zufriedenheit und Gesundheit. Und wir hoffen, dass wir von der FBB Ihnen auch Freude machen. Was wir Stadträte tun möchten in diesem Jahr, das haben wir bereits in Interviews auf FOKUS Baden-Baden dargestellt. Dass wir über diesen Kanal kommunizieren, ist ein Alleinstellungsmerkmal und zeigt immer mehr Erfolg. In dieser Runde sage ich heute auch ein herzliches Dankeschön an unseren Macher, unseren Chef, Martin Ernst. Ohne ihn ginge gar nichts.“

Dank an Wolfgang Niedermeyer

Heinrich Liesen schwenkte zu einem aktuellen Thema: „Viele Jahre hat Wolfgang Niedermeyer den Verein Stadtbild geleitet und geformt. Ich will darauf hinweisen, dass es den Verein schon über 20 Jahre gibt. Wolfgang Niedermeyer, Stadtrat der FBB, hat für uns unglaublich gute Grundlagen geschaffen, gegen Bausünden und für den Schutz unserer Villengebiete aktiv zu werden. Dafür können wir ihm als FBB gar nicht genug danken. Seine Expertise ist ein wichtiger Baustein für unsere Arbeit im Gemeinderat, auch wenn wir uns nicht immer durchsetzen können. Wolfgang Niedermeyer hat für den Verein Stadtbild nun einen super Nachfolger gefunden: Matthias Welle. Dieser ist schon seit vielen Jahren bei der FBB und kommt selbst aus einem Baudezernat. Das ist eine große Chance, auch für die Zukunft etwas zu gestalten. Wolfgang Niedermeyer wird weiterhin im Beirat des Stadtbilds sein. Wolfgang, ich danke dir ganz herzlich.“

Herzliche Begrüßung

Das Wort ging an Martin Ernst. „Wir haben heute einige Gäste, die noch nie bei einem Neujahresempfang der FBB dabei waren, unter anderem unsere neuen Stadträte Kurt Jülg und Rainer Lauerhaß sowie weitere Gäste. Auch die ehemalige OB-Kandidatin Bettina Morlok ist mit ihrer Tochter gekommen. Darüber freuen wir uns sehr.“ Und er ging zum ersten Programmpunkt über.

Welterbe-Status Baden-Baden: und nun?

„Wir wurden ausgezeichnet als Bäderstadt. Nun fehlt es an einem Besucherzentrum. Die Familie Grenke hat der Stadt deshalb das LA8 angeboten. Der Unternehmer Grenke, wichtiger Mäzen, bekam auf seine drei handgeschriebenen Briefe allerdings keine Antwort. Ich finde es schwierig und nachlässig, dass solche großzügigen Angebote nicht gehört werden. Nun soll Ende Januar ein Workshop in der Stadt stattfinden: Wie soll ein Besucherzentrum für das Welterbe aussehen? Daran werden wir natürlich teilnehmen. Ich gehe davon aus, dass das LA8 der Sieger bei der Auswahl eines passenden Besucherzentrums fürs Welterbe sein wird“, betonte Martin Ernst.

Ein großzügiges Angebot wird ignoriert

Heinrich Liesen fügte hinzu: „Es ist schon bedauerlich, dass es auf das Angebot von Herrn Grenke null Reaktion gab. Wir freuen uns natürlich über solche Gesten. Seitens der IHK sind Wolfgang Niedermeyer und ich nach einem gemeinsamen Termin gebeten worden, in Bamberg mit einer Dame Kontakt aufzunehmen, um uns mit ihr in der Sache Welterbe und Besucherzentrum auszutauschen. Dort gibt es keine Leerstände in der Stadt. Hier in Baden-Baden lebt das Welterbe leider nicht, es ist noch überhaupt noch nicht angekommen. Wichtig ist, dass wir bald ein Begegnungszentrum bekommen fürs Welterbe, damit wir dieses wichtige Thema Schülern, Gästen und allen Bürgern näherbringen.“

20 Jahre Stillstand beim Neuen Schloss

Martin Ernst griff das nächste Thema auf – sein Herzensthema Neues Schloss. „Vor 20 Jahren waren Schloss und Park in einem hervorragenden Zustand. Dann wurde es verkauft. Heute ist es vollkommen heruntergekommen. Es regnet hinein – und unsere Stadtverwaltung schaut tatenlos zu. Jeder amtierende Oberbürgermeister duckte sich bislang weg. Unsere Stadt hat ihren Namen von diesem Schloss, doch niemand interessiert, dass es zerfällt. Immer wieder werden Ausflüchte gesucht, das Thema auf die Seite zu schieben. Doch wir werden die Zukunft des Neuen Schlosses ganz oben auf unsere Agenda 2023 setzen.“

Die Stadt handelt nicht

Und er fuhr fort: „Das Neue Schloss ist das Wahrzeichen unserer Stadt. Es gibt in Deutschland mindestens 20 Firmen, die es sofort kaufen könnten, um es in eine würdige Nutzung zu überführen. Doch man kann es der Eigentümerin nicht wegnehmen. Man könnte sie aber zum Handeln zwingen, etwa, indem man eine Mängelliste anfertigt. Doch Frau Fawzia Al-Hassawi handelt nicht, weil die Stadt auch nicht handelt.“ Und er betonte: „Niemand weiß, ob diese Dame immer noch die Eigentümerin dieser Immobilie ist. Aber diese Frage stellt man auch nicht.“ Das Thema berührte viele Gäste an diesem Abend und es gab auch Wortmeldungen mit ersten Ideen, wie man vorgehen könnte, um Bewegung in die Sache zu bringen. Darüber werden wir zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich berichten.

Eine Stiftung könnte die Lösung sein

Heinrich Liesen meldete sich ebenfalls zu Wort: „Ich denke, das Neue Schloss darf nicht von der Stadt gekauft werden. Dann würde gar nichts passieren. Es gibt genügend reiche Menschen, die in meinem Alter sind, keine Erben haben und die mit ihren großen finanziellen Mitteln Gutes tun wollen. Man müsste versuchen, diese Leute zu einer Stiftung zusammenzubringen. Da kann dann auch das Land nicht nein sagen, auch nicht die EU.“

Problematischer Umgang mit wohlhabenden Investoren

Martin Ernst zog eine Parallele, was den Umgang der Stadtverwaltung mit wohlhabenden Investoren betrifft – die er als problematisch erachtet: „Das denkmalgeschützte Bauernhaus neben dem Schloss Seelach stürzt langsam ein – die Stadtverwaltung unternahm über viele Jahre nichts. Um das Häuschen herum wurde gebaut für rund 100 Millionen Euro. Aus irgendwelchen Gründen kuscht man hier vor Leuten, die Geld haben.“

Erfolg der FBB: Neue Bäume in Lichtentaler Straße

Heinrich Liesen lenkte das Gespräch auf ein erfreuliches Thema: „Die Lichtentaler Straße ist nun wieder offen, nach unendlich langer Zeit. Es sind hier schon acht Bäume gepflanzt worden, weitere werden folgen. Wenn Sie sich erinnern, so hatten wir uns bereits 2020 dafür eingesetzt. Von den Grünen wurde meine Idee übrigens abgelehnt. Wolfgang Niedermeyer und ich haben uns dann mit Herrn Wieland getroffen, dem Geschäftsführer der GSE, der sich unserer Idee gerne annahm und sie prüfte. Jetzt kommen die Bäume und darüber freuen wir uns sehr. Und ich würde es gern sehen, dass wir als FBB einen Baum spenden.“

Kostenexplosion bei der Renovierung des Markgraf-Ludwig-Gymnasiums

Martin Ernst griff im Anschluss ein brisantes Thema auf: „Wir sind alle dafür, dass man Schulen unterstützt. Im MLG werden 230 Quadratmeter Fläche neu gebaut. Und 600 Quadratmeter saniert. Jeder Immobilienkaufmann würde keine Kosten über drei Millionen Euro akzeptieren. Zu 32 zu acht Stimmen wurden im Gemeinderat allerdings 9,6 Millionen durchgewunken – gegen unsere Stimmen. Ich war dafür, dass man diesen Auftrag neu ausschreibt. Mein Vertagungsantrag ging aber leider nicht durch.“

Ein Gutachten mit geschwärzten Seiten

Zuletzt ging es um das Thema, das uns alle betrifft: den Standort für das neue Großklinikum. Favorit ist aktuell ein Gebiet am Münchfeldsee in Rastatt. Dem Gemeinderat wurde dazu ein Gutachten vorgelegt, um darüber zu entscheiden. „Doch in diesem Gutachten sind 32 Seiten geschwärzt, die wir nicht lesen sollen. Wie sollen wir dann aber darüber entscheiden?“, fragte Martin Ernst. „Im November wollte der Kollege Pilarski von der FDP das komplette Guthaben haben. Doch es ist bis heute nicht da. Es wird uns nicht zur Verfügung gestellt, weil es ein vorläufiger Entwurf sein soll. Aber warum sollen wir dann darüber entscheiden? Man will wohl nicht, dass wir mündig mitentscheiden. Wir haben über dieses Thema in der Fraktion viel diskutiert. Der Klinikbau muss weitergehen, wir haben nun die Zustimmung gegeben, dass der Standort in Rastatt geprüft wird. Doch der Artenschutz muss hier wohl eine große Rolle spielen. Er könnte das Bauvorhaben verzögern.“

Drittstärkste Fraktion im Gemeinderat

Nach einer guten Stunde war der offizielle Teil des Abends zu Ende. Martin Ernst richtete das Schlusswort an alle Gäste: „Wir konzentrieren uns ab jetzt auf die Wahl 2024. Wir sind heute die drittstärkste Fraktion im Gemeinderat. Insofern danke ich allen Anwesenden, dass wir das gemeinsam erreichen konnten.“

Fotos: FBB-Archiv