„Unsere Welterbe-Team muss jetzt aus den Amtstuben auf die Straße gehen“
03August
2021
Baden-Baden hat den Welterbe-Titel. Doch nun geht die Arbeit erst richtig los. Interview mit Wolfgang Niedermeyer, Stadtrat der FBB und erster Mann des Vereins Stadtbild Baden-Baden.
Herr Niedermeyer, Baden-Baden ist nun Welterbe. Wessen Verdienst ist das?
Wolfgang Niedermeyer: „Das ist das Verdienst unserer Vorfahren, die uns dieses Erbe aufgebaut und hinterlassen haben. Der Rest war akademische Fleißarbeit.“
Wie sehr war Ihr Verein Stadtbild daran beteiligt?
Wolfgang Niedermeyer: „Am Erbe überhaupt nicht, aber an praktischen Lösungen, dies ins Bewusstsein von Bürgern und Gästen zu rücken.“
Eine Zeitlang gab es Widerstände seitens der Stadtverwaltung und aus dem Gemeinderat, richtig?
Wolfgang Niedermeyer: „Ich schaue jetzt nach vorne und konzentriere mich auf unsere Möglichkeiten, das in der Breite voranzubringen – und dies gemeinsam mit der Verwaltung.“
Welche Verpflichtungen ergeben sich aus Ihrer Sicht, um des Titels würdig zu werden?
Wolfgang Niedermeyer: „Das steht alles irgendwo geschrieben, aber es geht letztlich darum, dass der einzelne Bürger bereit ist, sich positiv in das Gesamte einzufügen, auch mit einem vermeintlich kleinen Anteil an Erbe, das er vielleicht mitbekommen hat. Dazu muss der Stellenwert des einzelnen Gebäudes den Bürgern sichtbar gemacht werden. Man kann ja keine UNESCO-Pflichten von oben verordnen, man kann nur dafür werben, sich mit positiven Veränderungen und Verbesserungen einzufügen.“
Wenn Sie nun verantwortlich wären, dass wir hier reüssieren: Welche Maßnahmen würden Sie einleiten?
Wolfgang Niedermeyer: „Das habe ich unserer Oberbürgermeisterin schon vor Jahren ans Herz gelegt: Die akademische Fleißarbeit des Antrags muss jetzt mit bürgergerechter Kommunikation umgesetzt werden. Konkret: Wir müssen erst noch begreifen lernen, was uns das persönlich angeht. Dazu braucht es Handreichungen in Form von Flyern, Broschüren und Vorträgen. Auch die Auszeichnung beziehungsweise Kenntlichmachung von vorbildlichen Beispielen in unserer Stadt gehört dazu.“
Inwieweit können oder müssen die Bürger der Stadt nun mitgenommen werden, um unsere Stadt im Sinne des Welterbes zum Blühen zu bringen?
Wolfgang Niedermeyer: „Wie schon gesagt, mit professioneller Kommunikation und echtem Leadership von OBen. Dazu gehört ganz praktisch gesagt ein Plan zur Wiederherstellung eines des Status angemessenen öffentlichen Raums, also Wege, Straßen und Plätze, die eine durchgehende Grundqualität aufweisen und den Bürgern zeigen: Das ist die Basis für eure Aktivitäten.“
Wie schätzen Sie die Bereitschaft der Bürger ein, hier etwas zu tun?
Wolfgang Niedermeyer: „Ich kann nicht in die Bürger schauen. Aber unsere Welterbe-Team muss jetzt aus den Amtstuben auf die Straße gehen, nur so können sie etwas erreichen.“
Fotos: Ben Becher/FBB-Archiv