In der größten Not im Stich gelassen

17Oktober
2024

Ein Bürger Baden-Badens hat sich an Manfred Lucha, Gesundheitsminister des Landes Baden-Württemberg, gewandt sowie an das Beschwerdemanagement des Mittelbadischen Klinikums. Anlass ist ein deprimierendes Versagen unserer örtlichen medizinischen Notfallversorgung.

Bei bestimmten gesundheitlichen Notfällen zählen Minuten. Werden Patienten nicht sofort behandelt, können schwere Schäden zurückbleiben oder die Betroffenen noch Schlimmeres erleiden. Ein Baden-Badener Bürger schildert hier, wie er einem kranken Freund beistand, den man nicht ausreichend medizinisch versorgte.

„Ein Bekannter hatte mich gebeten, ihn in Baden-Baden Balg in seiner Wohnung zu besuchen, da er rückfällig geworden sei und Hilfe benötige. Ich traf ihn stark alkoholisiert, aus dem Schlaf gerissen, in ungelüfteter, verdunkelter und vermüllter Wohnung an. In seiner Wohnung hat sich Schimmel gebildet. Ich konnte ihn nach über einer Stunde gewinnen, sich freiwillig in eine Klinik einweisen zu lassen.

Ich rief zunächst den Rettungsdienst unter der Telefonnummer 112 an und bat um einen einweisenden Notarzt. Dafür sei man nicht zuständig, antwortete man mir, ich solle 116 oder 117 wählen. Dies wurde ungenau und umständlich kommuniziert, so dass ich nochmals anrief, weil ich niemand erreichte. Schließlich wählte ich gegen 16 Uhr 116117. Die Telefonschleife dauerte über 10 Minuten, bis eine freundliche und kompetente Mitarbeiterin den Anruf annahm. Nach 20 Minuten meldete sich telefonisch ein Notarzt und erkundigte sich präzise. Er bat mich, meinen Bekannten in die Notaufnahme des Balger Stadtklinikums zu fahren; dort könne ich mich auf ihn berufen; die Klinik wüsste, was zu tun sei. Dieser Rat war mir plausibel, da die Wohnung meines Bekannten und das Klinikum keinen Kilometer voneinander entfernt liegen.

In der Notaufnahme wurden wir zunächst abgewiesen mit der Begründung, man mache hier keinen Entzug, die Notärzte wüssten nicht richtig Bescheid, und der Weg führe über den Hausarzt in eine entsprechende Klinik. Ich verwies auf den Sonntag und die Trunkenheit meines Bekannten. Schließlich brachte ich ihn resigniert in seine Wohnung zurück mit dem sicheren Wissen, dort werde er weiter trinken.

Über eine Nachbarin meines Bekannten kam Vermittlung. Sie hat Kontakte zum Klinikum. Wir fuhren jetzt zu dritt in die Notaufnahme. Der Nachbarin gelang es durch die Hintertür, dass der Patient für eine Nacht aufgenommen wurde. Man versuchte, ihn in den Gunzenbachhof in Baden-Baden zu verlegen; doch es war kein Platz frei. Es wurde mir prophezeit, dass es sehr schwer werden würde, für meinen Bekannten einen freien Platz zu finden; gegebenenfalls würde er am Montag nach Hause entlassen.

Genauso kam es. Dort trinkt er jetzt weiter. Zum Abschied sagte ihm der entlassende Arzt, er solle zu seiner Hausärztin gehen, sich bei der Suchtberatungsstelle und bei seiner Krankenkasse für eine Langzeitbehandlung melden.

Ich verbrachte mit meinem Bekannten viereinhalb anstrengende Stunden umsonst. Ich fühle unterlassene Hilfeleistung, die mir Angst macht. Was ich erlebte, ist in den meisten Phasen unwürdig, inhuman und inkompetent gewesen. Ich bitte Sie politischerseits um Untersuchung und Abhilfe.“

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Foto: FBB Archiv