„Es ist ganz wichtig, zu rebellieren, durchaus auch gegen Baden-Baden“
09November
2021
Josua Straß und seine „Buchhandlung Straß“ kennt jeder. Der sympathische Buchhändler hat kürzlich gezeigt, dass er Bücher nicht nur verkaufen, sondern auch schreiben kann: Sein Beitrag über Baden-Baden für die „Glücksmomente“-Buchreihe ist seit kurzem im Handel. Exklusiv-Interview mit einem Schöngeist.
Für alle, die die Reihe „Glücksmomente“ und ihr Buch nicht kennen: Was hat es mit damit auf sich?
Josua Straß: „In Glücksmomente geht es in erster Linie darum, zu zeigen, wo in der Stadtgeschichte Baden-Badens Glück generiert wurde – über Personen, über bestimmte Vorfälle oder über Institutionen – und wo dieses Glück heute noch spürbar ist.“
Wenige kennen Baden-Baden so gut wie Sie. Was ist in Ihren Augen der ultimative Glücksort in der Stadt?
Josua Straß: „Es gibt ganz viele Glücksorte für mich. Das ist auch ein bisschen situationsabhängig. Ganz viele Glücksorte sind für mich mit der Natur verbunden. Es gibt unglaublich schöne Rückzugsorte in Baden-Baden, wo man im Grünen ist und die phänomenal schön sind und glücklich machen. Aber unsere Stadt ist viel zu vielfältig, als dass sie sich auf einen speziellen Glücksort reduzieren könnte.“
Bücher verkaufen – und neuerdings auch schreiben – ist nicht ihre einzige Passion. Seit vielen Jahren spielen Sie eine essentielle Rolle in der Leitung der legendären Theater-AG des Gymnasiums Hohenbaden. Was treibt Sie an?
Josua Straß: „Ein wesentlicher Antrieb ist, dass ich unglaublich glücklich und stolz darauf bin, in einer Gruppe zu sein, die es in dieser Konstellation möglicherweise nur ein Mal weltweit gibt. Es ist bis heute ein Phänomen, dass es da eine Gruppe gibt, die sich schon vier Jahrzehnte lang aus sich selbst neu generiert und dass ich da immer mal wieder als graue Eminenz im Hintergrund dazugebeten werde. Das ist sehr erfüllend und in erster Linie freut es mich einfach, dass diese Gruppe existiert. Und wenn ich etwas dazu beitragen kann, dass sie wieder neuen Schwung kriegt, dann mache ich das halt.“
Ihre Buchhandlung zu leiten und nebenbei noch die Theater-AG des Gymnasiums Hohenbaden zu betreuen ist zeitintensiv. Wie schalten Sie ab, wenn Sie dann irgendwann mal Feierabend haben?
Josua Straß: „Mit einem guten Buch (lacht)!“
Sind Sie jetzt vom Schreiben angefixt? Planen Sie, in der Zukunft weitere Bücher zu schreiben oder bleibt es bei einem „One Hit Wonder“?
Josua Straß: „Eigentlich ist es ja schon das zweite. Ich habe ja schon einen Wanderführer geschrieben. Aber dieses hier ist ja schon geringfügig literarischer. Aber nein, auf keinen Fall. Eigentlich war das vom Zeitaufwand her nicht mit meinem normalen Lebensrhythmus verknüpfbar. Ich mache in absehbarer Zeit bestimmt nicht noch eines.“
Sie sind in Baden-Baden aufgewachsen und Vater von vier Kindern. Sehen Sie Baden-Baden jetzt und früher als guten Ort, um aufzuwachsen?
Josua Straß: „Ich halte es sogar für einen der besten Orte um aufzuwachsen. Einfach weil in Baden-Baden die Zeit noch ein bisschen langsamer geht, weil vielleicht auch noch ein paar mehr Dinge intakt sind als anderswo. Und einfach weil diese Stadt unfassbar viel zu bieten hat. Aber ich denke auch, es ist ganz wichtig, irgendwann mal von Baden-Baden wegzugehen, das gehört dazu. Baden-Baden ist keine Stadt, in der man sein Leben ausschließlich verbringen sollte. Man muss es ja auch vergleichen – um Qualität zu erkennen, muss man Vergleiche anstellen. Und die kann ich nicht anstellen, solange ich kontinuierlich in demselben Rahmen bin. Es ist ganz wichtig, zu rebellieren, durchaus auch gegen Baden-Baden. Und zu dieser Rebellion gehört glaube ich tatsächlich, dass man auch sagt: Jetzt gehe ich weg und weiß nicht, ob ich zurückkomme. Bei einem Abitreffen vor etwa fünf Jahren sagten locker die Hälfte der Leute, die mit mir Abitur gemacht haben, dass, wenn sie einen Job in der Region angeboten bekommen würden, sofort zurück wären. Und zwar schneller, als man ‚Baden-Baden’ sagen kann.“
Und zum Schluss noch: Was ist Ihre aktuelle Buchempfehlung, außer Ihrem „Glücksmomente“-Buch natürlich?
Josua Straß: „Der perfekte Kreis von Benjamin Myers, beim Dumont Verlag erschienen. Es ist ein phänomenal verrücktes britisches Buch, bei dem es um zwei Männer geht, die sich nach Sonnenuntergang treffen, um in Getreidefeldern Kornkreise zu machen. Aber nicht um irgendwelchen UFO-Theoretikern Wasser auf die Mühlen zu geben oder jemanden hinters Licht zu führen, sondern weil sie von dieser Symmetrie und diesen Mustern begeistert sind. Deswegen auch Der perfekte Kreis: Sie wollen irgendwann den perfekten Kornkreis machen. Was das Buch neben dieser sehr starken Freundschaftsgeschichte dieser beiden merkwürdigen Menschen so faszinierend macht, sind die unglaublich schönen Naturbeschreibungen. Ich habe selten ein Buch gelesen, in dem die Schönheit der Natur so kraftvoll beschrieben wurde, wie in diesem Buch. Phänomenal toll.“
Foto: Josua Straß