Das Stelzenhaus: Lösung für die Wohnungsnot

03Juli
2017

Sozialwohnungsbau am Ende? Nein, sagte die Stadt München. In nur 180 Tagen Bauzeit errichtete man über einem Parkplatz (!) ein Musterhaus auf Stelzen mit Sozialwohnungen.

Die Parkplätze blieben erhalten. Bis Ende 2019 sollen so in München 3000 Wohnungen zusätzlich zum bisherigen Sozialwohnungsbau gebaut werden.

Wie geht das? Indem man in München die Parkplätze in der Stadt anschaute (z.B. die vielen Aldi-Parkplätze) und feststellte: hier lassen sich Wohnblocks auf Stelzen hinbauen, da geht kaum ein Parkplatz verloren. Die Wohnungen selbst sind genormt. Sie sind rationell (sozusagen in Serie) vorgefertigt und wurden auf der Baustelle nur noch zusammen montiert. So schaffte man die kurze Bauzeit. Bund, Land und Stadt haben zusammen geplant: Bauvorschriften wurden hierzu vereinfacht, eine Fachfrau wurde eingestellt, die mit Nachbarn Planung und Bau diskutierte. Planungs- und Bauzeiten wurden so extrem abgekürzt, all dies, um der Wohnungsnot in München schneller Herr zu werden.

Das Ergebnis ist frappierend: in der Stadt mit den höchsten Mieten in Deutschland (weil alle Welt nach München will) kostet so eine Einzimmerwohnung 9,40 Euro pro Quadratmeter (bei einem sonst üblichen Durchschnittspreis in München von 19,47 Euro pro Quadratmeter). Es sind natürlich keine Luxuswohnungen, sondern kleine Sozial-Wohnungen. Aber in den 1 bis 2,5-Zimmerwohnungen ist alles drin und vor allem: sie sind preiswert und bezahlbar: 313 Euro Warmmiete (!) für eine Einzimmerwohnung in München – ein schlechthin sensationelles Ergebnis.

Die Grundrisse der Ein- und 2,5-Zimmerwohnungen sind praktisch. Die Häuser, die München auf diese Weise plant, haben viel Gemeinschaftsraum und vor allem eine von allen Bewohnern gemeinsam nutzbare Dachterrasse: so entstand mehr Wohnqualität als in mancher Luxuswohnung in München.

Diese Münchner Initiative lässt sich überall nachbauen, wo man Sozialwohnungen dringend braucht, auch in Baden-Baden. Es ist eine Idee für Städte, in deren Zentren es zwar keine bezahlbaren Baugrundstücke mehr gibt – aber (genauso wie in München!) massenhaft viele Parkplätze, die man mit solchen Patenthäusern auf Stelzen überbauen könnte. In München wird man z. B. sehr viele Parkplätze von Einkaufszentren oder Sportstätten überbauen – mit solchen Häusern auf Stelzen: es herrscht (nicht nur in München) extreme Wohnungsnot bei preiswertem Wohnraum; in drei Jahren will in München auf diese Weise 3.000 Wohnungen zusätzlich (!) zum schon geplanten sozialen Wohnungsbau fertig stellen: soziales Wohnen statt Blechlawine.

Die Süddeutsche Zeitung hat am vergangenen Wochenende über dieses einmalige Projekt ausführlich in einem 3-Seitigen Artikel berichtet. Süddeutsche Zeitung, 1. Juli, Seiten 11 bis 13

Foto: Ben Becher