„Baden-Baden soll wieder Drehpunkt Europas werden“

22November
2018

Warum engagieren sich Bürger für ihre Stadt? Was treibt sie an? In dieser Serie stellen wir Woche für Woche ein Mitglied der FBB vor. Heute: Viola Liesen

Frau Liesen, seit wann sind Sie bei der FBB?

Viola Liesen: „Ich war bei den Geburtswehen der FBB dabei, als Martin Ernst meinen Mann Heinrich während einer Weihnachtsparty vor fünf Jahren von der Idee begeisterte, sich gemeinsam für Baden-Baden zu engagieren. Aus einem kleinen Ideenfunken wurde ein Feuerchen, das hat auch mich angesteckt.“

Warum sind Sie der FBB beigetreten?

Viola Liesen: „Mein Vater war politisch sehr engagiert, ein leidenschaftlicher Sozialdemokrat, SPD-Mann der ersten Stunden nach dem Krieg, liberaler Jurist mit einer klaren Haltung zu allem, was Recht und richtig ist. So was färbt ab. Ich bin zeit meines Lebens, besonders auch durch meine berufliche Laufbahn als Journalistin, an politischen, sozialen und gesellschaftlichen Entwicklungen interessiert. Auch wenn ich nicht unbedingt selbst in der ersten Reihe stehen möchte, finde ich es klasse, dass es Menschen wie Martin Ernst und seine Mitstreiter gibt. Um sie zu unterstützen, soweit es in meiner Macht steht, bin ich dabei.“

Soziales Engagement ist Ihr Anliegen. Erzählen Sie uns davon.

Viola Liesen: „Seit über zehn Jahre engagiere ich mich ehrenamtlich in der Theodor-Heuss-Förderschule. Dort helfe ich den Kindern beim Schreiben und Lesen und auch bei den Hausaufgaben. Das ist nicht viel. Meinen Schwestern und mir wurden viele Chancen geboten, wir konnten sie nutzen. Was für uns selbstverständlich war, die Unterstützung und Förderung durch die Eltern – ist für viele heute ein Zeitproblem. Wenn Vater und Mutter arbeiten, wenn alleinerziehende Mütter um ihre Existenz bangen müssen, bleiben Kinder auf der Strecke. Glücklicherweise gibt es in Baden-Baden viele ehrenamtliche Helfer. Immer wieder kreuzen Menschen meinen Weg, die, still und heimlich, parat stehen. Das finde ich toll.“

Was gefällt Ihnen an der Arbeit der FBB?

Viola Liesen: „Dass es keinem der vier FBB-Gemeinderäte um ihr Ego geht. Alle sind auf ihre unterschiedliche Art Individualisten und Idealisten. Den Vieren geht es in erster Linie um die Menschen in Baden-Baden, um ihre Lebensumstände. Seien wir ehrlich: Das Leben wird nicht einfacher, die Menschen werden immer älter und brauchen qualifizierte Betreuung, die Umweltschäden nehmen zu, die Wohnraumsituation wird kostspieliger, das Auseinanderdriften der Gesellschaft spürbar. Große gesellschaftliche Aufgaben können nur mit Herz, Verstand und einem gesunden Realitätssinn gelöst werden, und zwar, ohne auf Macht, Einfluss und persönliche Bestätigung zu schielen, was bei manchen Politikern leider zur Handlungsmaxime geworden ist.“         

Was wünschen Sie sich für Baden-Baden?

Viola Liesen: „Eine ganze Menge! Zunächst ein ansprechendes Stadtbild. Ich bin gespannt, wie der zubetonierte Leo nach der Fertigstellung aussieht. Mir schwant Böses.

Dann: weniger Leerstände in den Geschäftsstraßen – die Häufung der blinden Schaufenster ist abstoßend. Vielleicht sollte mal der eine oder andere Hausbesitzer auf exorbitante Mietforderung verzichten.

Ich wünsche mir die Einbeziehung des Marktplatzes in das Stadtgeschehen. Es ist wirklich schade, dass dieses romantische Fleckchen so wenig genutzt wird.

Was fehlt: die Wiederbelebung des Flohmarkts. Wenn es in der Kaiserstraße wegen des Umbaus vom Europäischen Hof nicht geht, dann könnte man ihn auch in die Lichtentaler Allee verlegen, nahe der Hundewiese. Ein ideales Plätzchen, Herr Brunsing!

Wichtig wäre auch, dass man den osteuropäischen Investoren mal symbolisch auf die Finger klopft, wenn halbfertig restaurierte Gebäude, die die Stadt prägen, jahrelang vor sich hingammeln.

Ein weiterer Wunsch: Dass die Seniorenheime nicht in die Peripherie verlagert, sondern in die Stadt integriert werden, damit die älteren Herrschaften wenigstens ein bisschen am Leben teilhaben können. Wir werden alle älter, auch Sie, Frau Oberbürgermeisterin.“

Was gefällt Ihnen an Baden-Baden besonders?

Viola Liesen: „Das viele Grün. Die tollen Kinderspielplätze. Das sehr dichte kulturelle Leben. Das Engagement der Bürger. Das Zusammenleben der unterschiedlichen Nationalitäten.“

Ihre Vision für unsere Stadt?

Viola Liesen: „Dass Baden-Baden, die Sommerhauptstadt des 19. Jahrhunderts, auch im 21. Jahrhundert wieder zu einem Drehpunkt Europas wird. Politisch und gesellschaftlich. Sollte es mit dem Weltkulturerbe klappen, wären wir ja schon auf einem ganz schönen Weg. An mir und der FBB soll es nicht scheitern.“